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Wie schlecht geht es den Bienen wirklich?

FORSCHUNGSSTAND Immer mehr Bienen sterben in den Wintern, dafür gibt es Nachschub durch immer mehr private ImkerInnen

BERLINtaz| Über den Rückgang der Honigbienenpopulation wird auf der ganzen Welt diskutiert. Auch in Deutschland plädieren Politiker*innen und Umweltorganisationen für mehr politische Maßnahmen, um den Verlust der Honigbienen aufzuhalten. Dabei sind die Ursachen für das Bienensterben noch relativ unerforscht. Unklar ist auch, ob speziell in Deutschland wirklich weniger Honigbienen leben.

Laut dem Bienenmonitoring der Bundesregierung liegt langfristig betrachtet gar keine Abnahme des Bestandes der Honigbiene vor. „Die Anzahl der Bienenvölker ist in den letzten Jahren stabil geblieben“, bestätigt auch Bernd Grünewald vom Institut für Bienenkunde der Goethe-Universität in Frankfurt.

In Deutschland gibt es ungefähr eine Million Bienenvölker. Trotzdem sind in den letzten Jahren nach dem Winter größere Verluste der Honigbiene zu verzeichnen als normal. Aus den aktuellsten Daten des Monitorings von 2013 geht hervor, dass in Deutschland ungefähr 10 bis 20 Prozent der Bienenvölker in den Wintern zwischen 2011 und 2013 gestorben sind, normal wäre ein Verlust von ungefähr 10 Prozent. In einigen Landstrichen klagen Imker*innen in diesem Jahr über Verluste von 30 Prozent oder mehr. Der allgemeine Bestand der Honigbiene bleibt allerdings stabil, denn die verlorenen Völker werden nachgezüchtet.

Probleme bereitete den Imker*innen in den letzten Jahren besonders die Varroamilbe. Diese nistet sich in der Bienenbrut ein und stört die Entwicklung der Bienenlarven, sodass die Bienen bereits krank schlüpfen. In Deutschland ist mittlerweile jedes Bienenvolk von der Varroamilbe befallen. Die Winter sind zu mild gewesen, um diese effektiv behandeln zu können. Auch die intensive Landwirtschaft und Pestizide werden oft als Belastung für die Bienenvölker genannt.

Die Biologin Silke Beckedorf vom Deutschen Bienen-Journal rät trotzdem, „mit dem Begriff Bienensterben vorsichtig umzugehen“, wenn von der Honigbiene gesprochen werde. Über einen längeren Zeitraum betrachtet, gebe es immer Schwankungen. Vielmehr ist generell ein starker Rückgang der Insekten und somit auch der Bestäuber festzustellen. Die intensive Landwirtschaft und der Rückgang des Lebensraums durch mehr Siedlungsfläche sind die Hauptursachen. Wilde Bestäuber sind dabei vom Rückgang ihres Lebensraums stärker betroffen als Honigbienen, so Becke­dorf. Denn diese werden von dem Menschen quasi wie Haustiere gehalten. Einbrüche in den Völkerzahlen der Honigbienen gebe es in Deutschland nicht. In den letzten Jahren habe die Zahl der Bienenvölker sogar zugenommen, weil das Imkern bei Privatpersonen immer beliebter geworden ist.

Anders sieht es bei den Wildbienen aus. Viele von ihnen stehen auf der Roten Liste der bedrohten Tiere. Einige Wildbienenarten sind in der Bundesrepublik bereits ausgestorben, berichtet Grünewald. Diese sind, wie alle Bestäuber, für das Ökosystem und die Landwirtschaft nicht weniger wichtig als die Honigbiene. Es gilt also, nicht nur eine Bienenart zu schützen, sondern generell mehr für die Artenvielfalt und den Erhalt der Insektenbestände zu tun. ­

Yvonne Elfriede Hein

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