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Gefängnisausbruch im Kongo„Heiliger Führer der Bantu“ befreit

Der Führer einer bewaffneten Gruppe aus dem Westen der Demokratischen Republik Kongo wird von seinen Anhängern aus der Haft geholt.

Die Einfahrt zu Kinshasas Zentralgefängnis Makala nach der Befreiungsaktion Foto: reuters

Berlin taz | In einer spektakulären Aktion ist einer der schillerndsten Oppositionellen der Demokratischen Republik Kongo aus der Haft befreit worden. Ne Muanda Nsemi, Führer der verbotenen westkongolesischen Miliz „Bundu dia Mayala“, früher als „Bundu dia Kongo“ bekannt, wurde am Mittwoch früh von rund 50 Männern aus dem Makala-Zentralgefängnis der Hauptstadt Kinshasa geholt, wo er seit Anfang März einsaß.

Bei der Befreiungsaktion wurde Berichten aus Kinshasa zufolge der Eingangsbereich des Gefängnisses verwüstet. Fotos zeigen verkohlte Autowracks vor den Wachtürmen des Gefängnisses, dessen Bedingungen internationalen Standards nicht entsprechen.

Die genauen Umstände der Befreiungsaktion in Kongos wichtigstem Gefängnis mit geschätzt 7.000 Insassen blieben unklar. Einerseits soll sie vor Sonnenaufgang erfolgt sein, andererseits wurden Fotos verbreitet, auf denen der offensichtlich von der Haft gezeichnete Exhäftling von seinen Anhängern im Tageslicht eine Straße entlang geführt wird.

Kongos Regierung behauptete im Laufe des Tages, sie habe die Lage „unter Kontrolle“. Mehrere Dutzend bewaffnete Anhänger des Häftlings hätten zwar die Haftanstalt angegriffen und Dutzende Häftlinge befreit, aber alle außer Ne Muanda Nsemi seien wieder in Gewahrsam, hieß es am Mittwochnachmittag.

Miliz des Bakongo-Volkes

Nsemis Gruppe sieht sich als Vertretung des Bakongo-Volkes, das entlang der Atlantikküste Zentralafrikas lebt und sich auf die Staatsgebiete der westlichen Demokratischen Republik Kongo, des nödlichen Angola und des westlichen Kongo-Brazzaville verteilt.

Sie ist von Kongos Staatsmacht immer wieder des Terrorismus bezichtigt worden – aber mehrfach ist sie in den vergangenen Jahren Ziel brutaler Militäraktionen gewesen, bei denen in der Region zwischen Kinshasa und Kongos Meeresküste Hunderte von Menschen getötet wurden, vor allem Anfang 2007, direkt nach den ersten freien Wahlen des Kongo, die Präsident Joseph Kabila gewann.

Ne Muanda Nsemi wurde am 3. März 2017 wegen „Beleidigung des Staatschefs, Bildung einer bewaffneten Gruppe, Anstiftung zum Rassenhass, Entführung und illegalen Waffenbesitzes“ festgenommen. Bei der Festnahme wurde seine Residenz in Kinshasa weitgehend zerstört. Die Residenz wurde von seinen bewaffneten Anhängern verteidigt und zuvor drei Wochen lang von der Polizei belagert.

Ne Muanda Nsemi ist eigentlich gewählter Parlamentsabgeordneter. Er bezeichnet sich als „Heiliger Führer der Bantu-Rasse Zentralafrikas“ – als solcher unterschrieb er im April einen Brief aus der Haft, in dem er die Haftbedingungen geißelte.

Das von der belgischen Kolonialmacht im Jahr 1952 gebaute Gefängnis sei „wirklich schön“, aber „sehr schlecht unterhalten“, schrieb er. „Jede Woche sterben ein oder zwei Häftlinge. Es ist sehr schwer, in Frieden zu schlafen. Man wähnt sich in einer Irrenanstalt, wo die Verrückten schreien.“

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