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Giftiger Geburtstag

Hafengeburtstag Weit überhöhte Konzentrationen von Schadstoffen in der Atemluft misst der Umweltverband Nabu. Schuld seien die Schiffe

Die Luft im Hafen ist stark belastet, nicht nur zum Hafengeburtstag

Eine alarmierende Konzen­tration von krebserregenden Rußpartikeln hat der Umweltverband Nabu am Sonnabend beim Hafengeburtstag gemessen. Direkt in der Abgasfahne von Kreuzfahrtschiffen wurden bis zu 380.000 Partikel pro Kubikzentimeter Atemluft gemessen, auf der höher gelegenen Promenade immerhin noch 50.000 Partikel pro Kubikmeter. Im Berufsverkehr werden nach Nabu-Angaben auf Hauptverkehrsstraßen um die 20.000 Partikel registriert, an der Außenalster oder in Planten un Blomen dagegen nur etwa 5.000.

„Die hohen Werte im Hafenbereich wundern nicht, weil kaum ein Schiff einen Partikelfilter installiert hat“, sagt Malte Siegert vom Nabu. „Ganz grundsätzlich ist die Luft im Hafen stark belastet. Und das nachweislich nicht nur zum Hafengeburtstag.“

Gesetzlich sind ultrafeine Partikel nicht reguliert. Neben Stickoxiden und Schwefeloxiden ist insbesondere die Belastung mit Feinstaub und Ruß aus Dieselmotoren eine große Gefahr für die Gesundheit von Menschen. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind diese Rußpartikel ebenso krebserregend wie Asbest. Angesichts ihrer winzigen Größe werden sie nicht von Nasenhaaren, Bronchien oder Lungenbläschen gefiltert und können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinfarkte und Alzheimer auslösen.

„Während Rußpartikelfilter auf der Straße längst Standard sind, stoßen Schiffe ihre giftigen Abgase ungefiltert in die Luft der Hafenstädte. Das muss sich ändern. Freiwilligkeit klappt nicht, da muss die Freie und Hansestadt Hamburg ihren regulatorischen Spielraum nutzen, den sie jenseits gesetzlicher Vorgaben hätte“, so Siegert. So könnte sie zum Beispiel vorschreiben, dass im Hafen tätige Unternehmen wie Schlepperdienste oder Fahrgastschiff­anbieter den bestmöglichen Kraftstoff verwenden oder Systeme zur Abgasnachbehandlung nachrüsten.

So weit will der rot-grüne Senat indes noch nicht gehen. Bei der Vorstellung des neuen Luftreinhalteplans am vorigen Dienstag hatte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) allerdings erklärt, nach neuesten Erkenntnissen sei die Schadstoffbelastung durch den Hafen bedenklicher als bisher vermutet. Das sei „am Nordufer der Elbe ein erhebliches Problem für die Luftqualität“, so Kerstan. Dort trage „der Hafenhintergrund“ laut Modellrechnung rund 80 Prozent zur Schadstoffbelastung bei. Deshalb sollten an den Terminals vermehrt Landstromanlagen und Flüssiggastankstellen errichtet werden, damit Frachter während der Liegezeit ihre Dieselmotoren abschalten können.

Diese neue Erkenntnis des Senats hält Siegert für „entweder ignorant oder naiv“. Schon der alte Luftreinhalteplan von 2012 habe 38 Prozent der Stickoxidbelastung und 17 Prozent der Feinstaubbelastung allein den Seeschiffen zugeordnet. Siegert findet es deshalb „bitter nötig, dass wirkungsvolle Maßnahmen nun auch im Hafen endlich zeitnah umgesetzt werden“.

Sven-Michael Veit

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