Ain’t no sunshine when he’s gone

Energie Solarworld ist mit 3.000 Arbeitsplätzen der größte deutsche Solarkonzern – und nun pleite. Die Energiewende gehe trotzdem weiter, beteuert die Photovoltaikbranche

Haltloser Optimismus: Solarworld-Chef Frank Asbeck erläutert Ende März in Bonn die Bilanz Foto: Oliver Berg/dpa

von Bernward Janzing

FREIBURG taz | Deutschlands größter Solarkonzern, Solarworld, ist am Ende. Am Mittwochabend nach Börsenschluss kündigte das Unternehmen an, Insolvenzantrag zu stellen. Man sei zu der Überzeugung gelangt, dass „keine positive Fortbestehensprognose mehr besteht“. Die Gesellschaft sei überschuldet. Der bis zuletzt zur Schau getragene Optimismus des schillernden Unternehmensgründers und Firmenchefs Frank Asbeck hat sich damit als haltlos erwiesen.

Schon seit einigen Jahren steckte das Unternehmen in einer existenzbedrohenden Krise. Im Sommer 2013 hatte Asbeck die Firma nur dank enormer Zugeständnisse der Gläubiger und Aktionäre vor der Pleite bewahren können. Seit 2015 schwebte außerdem eine Klage des US-Siliziumlieferanten Hemlock in Höhe von mehr als 700 Millionen Euro wie ein Damoklesschwert über Solarworld; die Warnung vor einer „Bestandsgefährdung“ fand Eingang in die Konzernberichte.

Asbeck setzte auf Durchhalteparolen. Eine im Februar angekündigte Umstrukturierung und Beschränkung auf nur noch eine Art von Solarzellen, nämlich monokristalline, begründete er vollmundig mit dem Ziel „immer die Nase vorn“ haben zu wollen – doch nun musste er die Reißleine ziehen, nachdem das Jahr 2016 miserabel verlaufen war.

Der Konzern beschäftigt rund 3.000 Mitarbeiter, davon mehr als 1.200 am größten Standort im sächsischen Freiberg. Weitere Produktionsstätten gibt es im thüringischen Arnstadt und in Hillsboro im US-Bundesstaat Oregon. Die Verwaltung befindet sich in Bonn, wo Asbeck im Jahr 1995 mit dem Bau einer für damalige Verhältnisse riesigen Dachanlage groß ins Solargeschäft einstieg, ehe er 1998 die Solarworld AG gründete.

Nach der Jahrtausendwende legte die Aktie eine atemberaubende Entwicklung hin, und Asbeck strotzte vor Selbstbewusstsein. Im November 2008 verkündete er, die Standorte des seinerzeit kriselnden Autobauers Opel übernehmen zu wollen, kam aber nicht zum Zug. Im Jahr zuvor, als das Thema Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke diskutiert wurde, versprach er: „Ich übernehme jeden freigesetzten Atomingenieur.“

Doch nun wird der Firmenchef mit der barocken Statur, dessen luxuriöser Lebensstil mitsamt Maserati und eigenem Schloss immer wieder die Medien beschäftigte, selbst Mitarbeiter entlassen müssen. Zumal auch für die Tochtergesellschaften der Solarworld AG derzeit geprüft wird, ob sie ihrerseits Insolvenzantrag stellen müssen. Die Zukunft der Arbeitsplätze ist damit ungewiss.

Vor allem war es die Billigkonkurrenz aus Fernost, die dem Konzern zum Verhängnis wurde. Da konnten dann auch die von der EU verhängten Importzölle auf chinesische Billigmodule nur kurzfristig helfen; die Ware drängte bald über andere Länder nach Europa. Der eng mit Solarworld verstrickte Verband EU ProSun, der sich für den Ausbau der Produktion von Solartechnik in der EU engagiert, schrieb dann auch: „Dumping fordert bisher größtes Opfer.“ Ursache der Insolvenz sei „staatlich finanziertes Preisdumping“. Chinesische Staatsbanken hätten „inzwischen einen dreistelligen Milliardenbetrag in eine Produktionskapazität gesteckt, mit der das Land alleine den weltweiten Bedarf 1,3-mal decken kann“.

Aber China war es nicht alleine. Kritiker werfen Asbeck auch vor, er habe viel zu lange geglaubt, vor allem durch politische Lobbyarbeit zugunsten von Photovoltaik-Privilegien sein Unternehmen retten zu können, statt neue Märkte zu erschließen.

Die deutsche Solarforschung wird es schwer haben ohne heimische Industrie

Die Branche zeigte sich am Donnerstag gelassen. Der Bundesverband Solarwirtschaft betonte, die Pleite sei „nicht das Ende der Solarenergie in Deutschland“, die Energiewende gehe weiter. Schließlich sei der Betrieb von Solaranlagen derzeit „so attraktiv wie schon lange nicht mehr“. Entsprechend ziehe die Photovoltaik-Nachfrage derzeit spürbar an. Denn Solarstrom lässt sich bekanntlich auch mit importierten Modulen erzeugen.

Und doch dürfte langfristig der Rückzug der deutschen Photovoltaik-Hersteller die Energiewende beeinträchtigen, weil Deutschlands Rolle als Technologieführer beschädigt wird. Die Solarforschung, die in Deutschland nach wie vor weltweit an der Spitze steht, wird es auf Dauer schwer haben ohne eine heimische industrielle Basis.

Aus diesem Grund hatte bereits 2012 der damalige Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme in Freiburg für den Bau einer „Gigawattfabrik“ geworben. Doch das Projekt kam nicht voran, es fehlte schon damals an Unterstützung. Mit der Pleite von Solarworld ist nun auch der letzte theoretische Industriepartner abhanden gekommen.

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