Portrait: Der Mann fürs Grobe
Der Hamburger Rechtsmediziner Klaus Püschel scheut die Medien nicht gerade. Jetzt hat er vorgeschlagen, die DNA, den genetischen Code, eines jeden Menschen zu speichern, um Verbrechen leichter aufklären zu können. Deutschland wäre dann viel sicherer, verspricht er. „Es wäre geradezu eine Oase im verbrecherischen Umfeld.“
Als Leiter des Hamburger Instituts für Rechtsmedizin hat sich Püschel immer wieder bei kontroversen Themen exponiert. Er hat Hunderten mutmaßlicher Drogendealer Brechmittel verabreicht, obwohl er das zunächst als zu gefährlich abgelehnt hatte. Tatsächlich sind in Hamburg und Bremen zwei Menschen bei der Brechmittelvergabe gestorben.
Schlagzeilen machte auch Püschels Vorschlag, das Alter von Flüchtlingen durch Beschauen der Genitalien zu bestimmen. Kritiker halten das für erniedrigend. Alternative Verfahren wie das Röntgen können wiederum als Eingriff in die körperliche Unversehrtheit betrachtet werden. Püschel praktiziert das trotzdem: Er sieht sich als Arzt in der Pflicht, „der Allgemeinheit“ zu dienen.
Das tut der Rechtsmediziner auch, indem er auf die Misshandlung von Kindern hinweist oder auf das Problem der Liegegeschwüre bei pflegebedürftigen Alten. 2009 veröffentlichte er eine Untersuchung, nach der jeder Achte Verstorbene über 60 Jahren einen sogenannten Dekubitus hatte.
Sein aktueller Vorschlag kommt nach Ansicht des Hamburger Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar einer genetischen Vorratsdatenspeicherung gleich und schießt weit übers Ziel hinaus. Eine Strafverfolgung um jeden Preis, die den Einzelnen ohne Anlass kontrolliere, möge es in totalitären Systemen geben. „Dem Rechtsstaat sind derartige Ansätze fremd“, urteilt der Datenschützer. Zudem bestehe die Gefahr, dass die Daten in die falschen Hände gerieten.
Püschel widerspricht. Es gehe nur um einen Zahlencode: „Da ist nichts von unserer Persönlichkeit dabei.“ Kein Mensch könne daraus etwa auf die Augen- oder Haarfarbe schließen. „Das ist nur wie Lottozahlen, die sagen nichts darüber aus“, sagt er. Nach weiteren Merkmalen zu suchen, sei bei Täter-Ermittlungen dann auch überflüssig. knö
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