Klimaschweine kriegen keine Kohle

Klimaschutz Endlich Divestment: Als bundesweit dritte Stadt darf Bremen nicht mehr in klimaschädliche Firmen investieren. Besonderheit: Neben Kohle sind hier auch Erdgas und Uran ausgeschlossen

„Es geht um unseren Planeten“

Arno Gottschalk, SPD-Fraktion

von Gareth Joswig

Bremen will künftig nicht mehr in klimafeindliche Unternehmen investieren. In einem gemeinsamen Bürgerschaftsantrag haben SPD und Grüne vorgeschlagen, künftig „bremisches Geld nach ethischen und ökologischen Kriterien“ anzulegen. Am 11. Mai, kommenden Donnerstag, soll über den Antrag abgestimmt werden. „Diese Woche wird Bremen endlich Divestment-Stadt“, sagt Maike ­Schaefer von den Grünen.

Nach Münster und Berlin ist Bremen damit bundesweit die dritte Stadt, die keine Gelder in klimafeindliche Unternehmen und Energieträger stecken will. Ähnlich wie einige Universitäten und sogar ein paar Großanleger wie der Allianz-Konzern engagieren sich auch immer mehr Städte und Kommunen in der Divestment genannten Finanzstrategie zum Klimaschutz. Im vergangenen Herbst hat die Synode der Evangelischen Kirche Deutschlands beschlossen, der Bewegung beizutreten.

Ziel von Divestment ist, umweltfeindlichen Konzernen systematisch das Geld zu entziehen, um zu verhindern, dass die restlichen Kohle-, Öl- und Gasreserven gefördert und verbraucht werden. Denn nach aktuellerer Klimaforschung wird das Klima schon kaputt sein, bevor das Öl alle ist. Danach müssten 80 Prozent der globalen Kohlereserven unter der Erde bleiben, um das Klimaziel von Paris zu erreichen. 1.000 Milliarden Tonnen CO2 dürfen dafür noch ausgestoßen werden. Das entspricht dem Verbrauch von einem Drittel der bereits kapitalisierten und verbuchten Reserven der Öl- und Kohleriesen. Diese Kohlenstoffblase muss aus Sicht der Divestment-Bewegung platzen.

In Bremen ist die weltweite Divestment-Bewegung mit der Kampagne Fossil Free Bremen vor Ort. Sie gehört zu der internationalen Klimaschutz-Organisation 350.org. Lukas Warning von Fossil Free Bremen, sagt: „Diese Unternehmen handeln auf eine Weise, die nicht zukunftsfähig ist.“ Deswegen müssen man den Konzernen die Legitimität entziehen. „Klimawandel ist nicht okay, Geld verdienen daran auch nicht.“ Es habe Signalwirkung, wenn große Städte, Unis und Kirchen sagen, sie investieren nicht in klimaschädliche Firmen und Rohstoffe.

Warning hat Bremens Engagement im Divestment bei Grünen und SPD seit einem Jahr angeschoben und am Antrag mitgearbeitet. Weil sie mit dem Ergebnis „sehr zufrieden“ seien, haben die Organisatoren am Donnerstag um 18.15 Uhr eine Jubelminute am Roland angekündigt: Der Erfolg soll ausgelassen gefeiert werden. Aber nicht mehr als eine Minute: Noch bleibe viel zu tun für den Klimaschutz.

Besonders zufrieden ist Werning, dass Bremens Entwurf von Divestment bundesweit der bislang deutlichste ist: Er schließt neben Kohle auch Erdgas und Uran ein. Laut Antrag darf Bremen künftig keine Landesmittel in Unternehmen investieren, die Geld mit fossilen und nuklearen Energieträgern verdienen. Ausgeschlossen sind sowohl Förderung, Transport und Vertrieb als auch Energiegewinnung. Ebenso schließt der Antrag Investitionen in Unternehmen aus, die mit Kinderarbeit, Kriegswaffen, gentechnisch veränderten Pflanzen und Tierversuchen und weiteren kriminellen Kriterien Geld machen.

Bleibt die Frage nach den Folgen: Denn tatsächlich hat Bremen kein Geld für Investitionen. Das Haushaltsnotlageland kauft weder Aktien noch Firmenanleihen. Laut Finanzbehörde ist der einzige Posten, für den Geld angelegt wird, die Pensionsrücklage von BeamtInnen in Höhe von etwa 500 Millionen Euro. Und die darf ohnehin keine Hochrisikoanlage sein und gereicht bereits zum großen Teil einem nachhaltig-ökologischen Rating, das mit 700 Indikatoren Dinge wie hohen CO2-Ausstoß, Menschenrechtsverstöße oder genmanipulierte Produkte ausschließen soll. Bislang gibt es nur Anleihen bei Landesbanken und öffentlich-rechtlichen Institutionen.

Der Antrag zielt deswegen ausdrücklich in die Zukunft – falls sich die Haushaltslage einmal verändert. Arno Gottschalk von der SPD ging das allerdings noch nicht weit genug. Als Mitarbeiter der Verbraucherzen­trale beschäftigt er sich seit längerem mit klimafreundlichen Geldanlagen. Deswegen regte er an, auch im Bereich der Anleihen zur Alterssicherung proaktiv zu prüfen, ob dafür nicht auch „Green Bonds“ infrage kämen – ökologische saubere Geldanlagen mit guter Bonität. Das zu prüfen und, wo möglich, nachzubessern, ist ebenfalls Teil des Antrags. „In Kohle macht man nicht mehr“, sagt Gottschalk, „es geht um unseren Planeten.“