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GesellschaftskritikZeitlos hässlich

WAS SAGT UNS DAS? Der Designer Demna Gvasalia erregt Aufmerksamkeit mit einer ­Tasche, die einer Tüte ähnelt

Die Modemarke Balenciaga verkauft jetzt Ikea-Taschen – für 2.000 Euro das Stück. Das soll vermutlich Aufmerksamkeit erregen. Dass das funktioniert, beweist dieser Text. Außerdem ist es ein bisschen obszön und spekuliert auf Empörung: Die kleinen Leute ham kein Geld und die Mode-Fuzzis geben 2.000 Euro für einen Ikea-Beutel aus! Wie dekadent ist das denn?! In die Falle tappen wir zur Abwechslung hier nicht. Der Urheber der Kopie ist der deutsche Modedesigner Demna Gvasalia. Beim hippen Label Vetements designte er DHL-Logo-T-Shirts (für günstige 245 Euro). 2015 wurde er „Kreativ-Direktor“ bei Balenciaga. Seitdem hat das Label auch schon Asia-Markt-Regenbogen-Taschen und einen Schal im zeitlos-hässlichen Aldi-Nord-Tüten-Design vorgestellt. Die Eckpunkte von Gvasalias Konzept dürften anhand dieser Beispiele umrissen sein.

Das Schönste am Original sei das Material, schreibt die FAZ, die es wissen muss. Polypropylen, auch bekannt unter der Bezeichnung: ganz normaler Kunststoff. Bei der Kopie wurde das schöne Polypropylen durch schnödes Kalbsleder ersetzt. Nur Farbe, Form, Henkel und vor allem die Größe weisen Ähnlichkeiten auf. Mit anderen Worten: Die Balenciaga-Tasche ist lächerlich groß. Mit fast den gleichen Worten, nur noch zutreffender: Sie ist durch und durch lächerlich. Und ganz gewiss nicht so leicht und zusammenfaltbar wie der Ikea-Beutel.

Der hat – wie alles bei Ikea – auch einen Namen: Frakta. Die geringfügig teurere Hommage wird als „Arena Extra-Large Shopper Tote Bag“ bezeichnet. Als Name geht das nicht mehr durch. Nur das Wort „Tote“ fasziniert. Es steht wahrscheinlich für totes Tier.

Fazit: Material, Funktionalität, Veggie-Faktor und Name – die Ikea-Tasche aus den 90ern ist ihrer aktuellen Nachbildung in jeder Hinsicht überlegen.

Martin Thoma

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