Geht's noch?
: Eine Farbe geht vor die Hunde

Volksverdummungspartei AfD und Sauberfrau Marine Le Pen kleiden ihre hanebüchenen Botschaften in sanftes Blau. Schluss damit!

J’accuse! Ich will meine Lieblingsfarbe Blau wieder. Lupenrein, bitte, in ihrer ganzen, Wärme wie Kälte ausstrahlenden unschuldigen Schönheit. Ich will das Blau des Vollrausches wieder, wie das Kornblumenblau der Blauen Blume in der Romantikbewegung des 19. Jahrhunderts. Ich will mein Blaues Wunder weiterhin erleben, in Dresden wie anderswo, und ganz in Ruhe blaumachen dürfen.

Was ich nicht will: dass das Blau vor die Hunde geht. Denn, es ist leider so: Die alle Sinne ansprechende Farbe Blau und besonders das satte, ausgeruhte Himmelblau werden zur Zeit herbe populistisch ausgeschlachtet, müssen als Anstrich für alle möglichen und unmöglichen Botschaften herhalten.

J’accuse! Gucken wir in Richtung der Volksverdummungspartei AfD, die sich momentan amateurhaft für die kommende Bundestagswahl aufstellt, gucken wir in die Endphase des französischen Präsidentschaftswahlkampfs: Allerorten wird Blau unterlegt, um naive, simplifizierende, ja hanebüchende Botschaften ans Wahlvolk zu bringen.

Diese Woche gerade kehrten Le Pen und Macron erneut beim (selben?) Fotografen ein, um sich französisch­royal­blau für Wahlplakate in Szene zu setzen.

 Das Ergebnis: Frau Sauberfrau- und Herr Saubermann-Blau lassen grüßen – dass sich hinter ihrer beider Bewegungen bipolar entgegengesetzte Vorstellungswelten verbergen, verraten die blauen Plakate in keinster Weise.

J’accuse! Gehören Macron und Le Pen unter Umständen doch der gleichen Fliegergewerkschaft an? Er als Pilot im Cockpit am Steuer, sie als Chefstewardess in der Kabine, mit gefrorenem Lächeln Tomatensaft ausschenkend? Die Beantwortung dieser Frage kann hier nicht geleistet werden, sie trägt uns auch hinfort vom Pfad des Lobgesangs auf die Lieblingsfarbe Blau. Nur so viel: Bitte nicht weiter Schindluder treiben mit dieser zu Herzen gehenden Farbe! Merci!

Wie diese Ehrenrettung en bleu zu Ende geht? Natürlich mit dem Dichter Novalis: „Der Jüngling lag unruhig auf seinem Lager, und gedachte des Fremden und seiner Erzählungen. Nicht die Schätze sind es, die ein so unaussprechliches Verlangen in mir geweckt haben, sagte er zu sich selbst; fern ab liegt mir alle Habsucht: aber die blaue Blume sehn’ ich mich zu erblicken.“ So blau muss man erst mal sein. Harriet Wolff