Türkei

Ein manipulierter Sieg Erdoğans? Die Opposition spricht von Wahl­fälschung, auch internationale Beobachter monieren das Referendum

Europas Hoffnung stirbt zuletzt

Reaktionen Bundesregierung verlangt von Erdogan Dialog mit der Opposition. Gabriel will EU-Verhandlungen nicht abbrechen

BERLIN/BRÜSSEL dpa/rtr/taz | Nach dem Referendum in der Türkei sieht die Bundesregierung Präsident Recep Tayyip Erdoğan in der Verantwortung, die gespaltene Gesellschaft wieder zu einen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) äußerten am Montag die Erwartung, dass der Staatschef „einen respektvollen Dialog mit allen politischen und gesellschaftlichen Kräften des Landes“ suche.

Auch die EU rief die Regierung in Ankara zur Mäßigung auf. Die Regierung müsse bei der Umsetzung der Verfassungsänderungen „den breitestmöglichen nationalen Konsens“ anstreben, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Kommissionspräsident Juncker, der EU-Außenbeauftragten Mogherini und EU-Erweiterungskommissar Hahn.

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel plädierte dafür, die EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara nicht abzubrechen. „Die Türkei hat es in der Hand. Entscheidungen stehen doch für längere Zeit noch gar nicht an, jetzt ginge ein Beitritt ohnehin nicht“, sagte Gabriel der Bild-Zeitung. Er bekräftigte aber die bisherige rote Linie der Bundesregierung, nach der die Beitrittsverhandlungen bei einer Wiedereinführung der Todesstrafe abgebrochen werden müssten.

Dagegen verlangte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, einen Neustart in den Beziehungen zu Ankara. „Wir müssen die Situation neu bewerten und Konsequenzen ziehen“, erklärte Weber. Dies bedeute aber auch: „Eine EU-Mitgliedschaft der Türkei ist vom Tisch.“

Auch Linkspartei-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht forderte einen radikalen Kurswechsel in der deutschen Türkeipolitik. „Eine Politik des „Weiter so!“ von Merkel und Gabriel wäre verheerend“, sagte Wagenknecht. Sie verlangte einen sofortigen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, den Abzug der dort stationierten Bundeswehrsoldaten und den Stopp aller Waffenlieferungen. Zudem dürfe die Zollunion zwischen der Europäischen Union und der Türkei nicht erweitert werden.

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