Giftgas

Drei Tage nach dem Angriff in Syrien werden furchtbare Details bekannt. Die USA drohen dem Assad-Regime

Trumps Drohung gegen Assad bleibt im Ungefähren

USA Der US-Präsident sieht durch den Giftgas-Einsatz „eine Menge Linien“ überschritten. US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen Nikki Haley droht mit Konsequenzen. Doch die militärischen Möglichkeiten der USA in Syrien gelten als begrenzt

„Dinge, die wir nicht durchgehen lassen“: die US-Botschafterin bei den UN, Nikki Haley Foto: dpa

BERLIN taz | Nach dem Giftgasangriff in Syrien deutet sich eine Kehrtwende in der US-Politik ­gegenüber Moskau und Damaskus an, ohne dass bisher klar geworden ist, was Washington zu unternehmen gedenkt. US-Präsident Donald Trumps Äußerungen blieben gewohnt rätselhaft: Mit der Attacke seien für ihn „eine Menge Linien“ überschritten worden, sagte er am Mittwoch. Seine Einschätzung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad habe sich „sehr geändert“, sagte Trump weiter. Der Angriff auch auf Frauen, Kinder und Babys sei entsetzlich und furchtbar.

Trumps Außenminister Rex Tillerson forderte Russland auf, seine Unterstützung für den syrischen Machthaber Baschar al-Assad zu überdenken. Im UN-­Sicherheitsrat blockierte Moskau eine Resolution, die den Angriff verurteilt.

Zuvor hatte die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, im ­Sicherheitsrat einseitige Aktio­nen ihres Landes angedroht: „Wenn die Vereinten Nationen fortlaufend ihre Pflicht zum kollektiven Handeln verletzen, dann sind wir gezwungen, unsere eigenen Maßnahmen zu ergreifen.“

Auch sie ließ offen, wie solche Maßnahmen aussehen könnten. Am Rande einer Tagung erklärte Haley weiter, die russische ­Annexion der Krim und die Unterstützung für Assad seien „Dinge, die wir nicht durchgehen lassen“.

„Unserer Ansicht nach gibt es keinen Zweifel daran, dass das syrische Regime unter der Führung von Baschar al-Assad für diesen schrecklichen Angriff verantwortlich ist“, sagte Tillerson in Washington. Es sei „höchste Zeit für die Russen, ihre anhaltende Unterstützung für das Assad-Regime“ zu überdenken. Tillerson reist kommende Woche zu Gesprächen nach Moskau. Trump war ursprünglich vorgeworfen worden, eine zu große politische Nähe zu Russland zu suchen.

Der UN-Sicherheitsrat verschob am Mittwoch die geplante Abstimmung über den von den USA, Großbritannien und Frankreich eingebrachten Resolutionsentwurf, der den Angriff verurteilt und eine baldige Untersuchung fordert. Wie Diplomaten in New York mitteilten, kann das Votum frühestens an diesem Donnerstag stattfinden. Der russische Vize-UN-Botschafter Wladimir Safronkow begründete die Ablehnung seines Landes damit, dass der Entwurf unnötig sei und überhastet vorbereitet worden sei. Zugleich sprach er sich für eine „objektive Ermittlung“ aus.

Nach Darstellung des Syrien-Verbündeten Russland haben die syrischen Regierungstruppen in Chan Scheichun nicht selbst Giftgas eingesetzt: Die syrische Luftwaffe habe vielmehr ein von Rebellen genutztes Lager mit Giftstoffen getroffen. Ein ungenannter Vertreter des US-Außenministeriums bezeichnete dies als Unwahrheit.

US-Präsident Trump hat seit Amtsantritt häufiger große und fundamentale Pläne angekündigt, denen bis dato wenig folgte. Die Lage in Syrien gilt als sehr kompliziert, die Mittel der USA sind begrenzt. Washington kann kaum militärisch gegen Assad vorgehen, ohne sich damit unmittelbar gegen Moskau zu stellen. Bei Luftangriffen auf Assad-Stellungen droht ein Abschuss durch das von Russland an der syrischen Mittelmeerküste installierte Luftabwehrsystem S-400 mit rund 400 Kilometer Reichweite. Auch die Einrichtung einer Sicherheits- oder Flugverbotszone für Zivilisten stieße auf ähnliche Probleme.

Seine Einschätzung über Assad habe sich „sehr geändert“

Donald Trump

Eine stärkere Unterstützung der syrischen Rebellen wurde schon für Trump-Vorgänger Barack Obama zum Desaster, weil ein Großteil der Aufständischen inzwischen islamistisch-fundamentalistische Vorstellungen verfolgt. Die diplomatischen Bemühungen erscheinen ausgeschöpft.

Unternimmt Trump aber gar nichts, würde die Glaubwürdigkeit der USA in der Syrien-Frage wohl weiteren Schaden nehmen. Die rote Linie, mit der Oba­ma einst drohte, ohne zur Tat zu schreiten, stünde dann nicht mehr nur für das Scheitern des Vorgängers von Donald Trump. klh