Das Ding, das kommt
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Viel Heidesand schüttet Künstlerin Lara Almarcegui in den Springhornhof. Zum Auftakt des 50. Jubiläums eines der bedeutendsten Landschaftskunstprojekte Europas Foto: Alice Wiegand/Wikimedia

Auf viel Heidesand gebaut

Heidesand ist ein Teegebäck, aber natürlich gibt es viel Sand in der Heide. 120 Kubikmeter davon hat Lara Almarcegui in das Erdgeschoss des Springhornhofs schütten lassen. Dass der Kunstverein im niedersächsischen Neuenkirchen bei Soltau seine Jubiläumsausstellung an diesem Sonntag um 11.30 Uhr nun gerade mit einer Sandschüttung eröffnet, ist vielleicht etwas verwunderlich. Aber bedenkt man, welche schönen Formen die einzelnen Quarzkristalle unter dem Mi­kroskop zu erkennen geben und wie aus vielen ganz kleinen Körnern ein großes Sandmeer wird, ergeben sich mehrere Parallelen zum Ort.

Da ist erst einmal eine Beziehung zu dem historischen Ausstellungsgebäude und dem natürlichen Vorkommen des für dessen Errichtung notwendigen Rohstoffs, der in großen Mengen unter dem Haus lagert. Aber darüber hinaus: Vor 50 Jahren wurden die ersten Bildhauer aus Japan, Schweden, Italien und Deutschland in das Heidedorf Neuenkirchen eingeladen, um vor Ort Findlinge zu bearbeiten. Seither sind in der Region mit allen verfügbaren Materialien mehr als vierzig künstlerische Interventionen entstanden.

Einige fügen sich behutsam in die natürliche Umgebung ein und schwingen mit der Landschaft mit, andere suchen den skulpturalen Kontrast, bilden spannungsreiche Räume, machen Naturprozesse erfahrbar oder lenken das Augenmerk auf Spuren historischer Veränderungen. So entstand an einem kleinen Ort große Kunst, ja eines der bedeutendsten Landschaftskunstprojekte Europas. Immerhin 35 km lang ist der erschließende Fahrradrundweg zu aufgebäumten Bäumen, einem auf die Erde gespiegelten Himmelssee oder der Ironie eines „Parks für unerwünschte Skulpturen“.

Doch zurück zum Sandkunstwerk. Die in Rotterdam lebende Lara Almarcegui hat 2013 ihr Geburtsland Spanien bei der Biennale von Venedig vertreten. Ihre Kunst hat einen forschenden Ansatz, der ökonomische Verhältnisse, gesetzliches Regelwerk und geologische Veränderungen untersucht. Zur Installation „Sand“ gehören auch Zeichnungen, Textarbeiten und ein Film. Zwar sind die meisten Sprichwörter und Vorstellungen zu Sand eher geringschätzig oder gehen von unendlich großer Menge und stets rieselnder Bewegung aus.

Aber Sand ist ja eines der häufigst genutzten Rohstoffe: Als Strand für den Tourismus, als Bestandteil von Glas und Elektronik, als notwendige Beimischung zum Beton. Und seit dem Bauboom in Asien wird der Sand langsam knapp, es gibt bereits in großem Stil Sanddiebe an abgelegenen Stränden. Der reichlich vorhandene Wüstensand ist leider kein Bausand und so importiert der Wüstenstaat Dubai für seine Betonbauten sogar Sand aus Australien. Da sollte man doch auch das einheimische Sandkorn stärker schätzen oder auch die Heidesand-Plätzchen. Hajo Schiff

Lara Almarcegui: „Sand“. Eröfnung: So, 2. 4., 11.30 Uhr, Springhornhof, Tiefe Str. 4, Neuenkirchen. Ausstellung bis zum 20. 8., www.spinghornhof.de