Mehr als Oskar

KLISCHEE Anders als es der saarländische Landesverband von Oskar Lafontaine vermuten lässt, ist die Linke eben keine Partei der alten Männer mehr

VON Jan Zier

Für Die Linke sitzen so viele Frauen wie Männer in der Bremischen Bürgerschaft – und die achtköpfige Fraktion führt eine Frau. Das klingt nach einer Selbstverständlichkeit. Ist aber keine: Im Saarland, wo am 26. März der Landtag gewählt wird, kandidieren auf den ersten vier Listenplätzen der Linken gleich drei Männer. An der Spitze: Oskar Lafontaine. Sein Slogan: ein Oskar für das Saarland.

Damit bedient er ein überholtes Klischee: Die Linke, eine Partei der alten Männer. Als die Linkspartei 2007 in Bremen erstmals in einen westdeutschen Landtag einzog, hatte sie gleich zwei Spitzenkandidaten: Klaus-Rainer Rupp und Peter Erlanson, die beide heute noch im Landtag sitzen. Damit sollte seinerzeit der Proporz zwischen den beiden Ursprungsparteien PDS und WASG gewahrt werden. Und der war damals wichtiger als die Frauenfrage. Außerdem galt es, Begehrlichkeiten aus Berlin abzuwehren und dort hatten sie nur Männer als Führungsfiguren auf dem Zettel. In der siebenköpfigen Fraktion waren dann aber drei Frauen. Dass zwei von ihnen später bei der SPD landeten, ist eine andere Geschichte.

„Heute ist die Partei deutlich weiblicher“, sagt die Landessprecherin Doris Achelwilm, die auf Listenplatz eins für den Bundestag kandidiert, dem einzig aussichtsreichen in Bremen. Auch Fraktionschefin Kristina Vogt sagt: Unter den aktiven Mitgliedern seien viel mehr Frauen als früher. Dennoch zählt auch die Linke in Bremen mehr Männer als Frauen: Unter 508 GenossInnen sind 145 Frauen, also weniger als ein Drittel. In den letzten sechs Monaten kamen 37 Mitglieder hinzu, darunter elf Frauen. Bundesweit sieht es ähnlich aus – dabei ist der Frauenanteil bei Linken und Grünen schon höher als bei SPD, CDU oder der FDP.

Männer mobilisieren besser

Dazu kommt das Bremer Wahlrecht, das es – wie in Hamburg – erlaubt, einzelne KandidatInnen zu wählen. Von Personenstimmen profitieren aber vor allem ältere Männer und Migranten – weil sie eher in der Lage sind, „ihre Netzwerke zu mobilisieren“, wie Politikwissenschaftler Lothar Probst analysiert.

Die Bremer Linkspartei legt gerade ein Förderprogramm „Frauen stärken“ auf, und auch Fraktionschefin Vogt kämpft seit Jahren für eine Verjüngung und Verweiblichung der Partei, früher im Parteivorstand, später auch als Mentorin. Sie ist eine, die von der politischen Konkurrenz in Bremen geschätzt wird. Bei der Frage der Spitzenkandidatur ist sie „eher leidenschaftslos“. Aber an die parteiinterne Quotenregelung hält sich die Bremer Linke streng. „Am liebsten hätte ich ja gar keine Quote“, sagt Vogt, weil es ja „eine Selbstverständlichkeit“ sein sollte, dass Frauen gleichberechtigt kandidieren: „Aber es wird einem da nichts geschenkt.“

Nicht familienfreundlich

Die größte Lücke sieht Vogt bei Frauen mit Familie und Beruf, die 30 bis 50 Jahre alt sind – aber diese Lücke haben auch andere Parteien. „In der Praxis ist das nicht leicht zu lösen“, sagt Landessprecherin Achelwilm. „Wir sind eben keine gleichberechtigte Gesellschaft“, sagt Vogt, die alleinerziehend war. Schon bei einem Teilzeit-Parlament wie dem bremischen wird es schwer: Das Parlament sei „alles andere als familienfreundlich“, so die Fraktionschefin. Ausschüsse und Deputationen tagen in der Regel nachmittags, das Plenum des Landtages nur einmal im Monat für zwei Tage, dafür aber von früh bis spät. Diese Woche ging es dort übrigens um die Frage: „Wie vereinbar sind Familie und Bremen?“

Auch in Niedersachsen sind die Linken frauenpolitisch weiter als im Saarland. Dort wählte die Partei gerade eine neue Doppelspitze. Die bisherige Landesvorsitzende Anja Stoeck wurde im Amt bestätigt, ihre neue Kovorsitzende ist Pia Zimmermann. Sie ersetzt Herbert Behrens, der sich zurückgezogen hat, weil er es in der Landesliste für die Bundestagswahl nicht auf Platz zwei oder vier schaffte.

In Hamburg war jahrelang Dora Heyenn, die Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft, das Gesicht der Linken, bis sie 2015 nach einem erfolgreichen Wahlkampf entmachtet wurde. Ihr folgten mit Cansu Özdemir und Sabine Boeddinghaus zwei Frauen als Kovorsitzende.