Was tun in Hamburg?
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Foto: Cover: Pencil Quincy

Mi, 22. 3., + Do, 23. 3., 20 Uhr,Lichtmess

Entwurzelt

In der TV-Serie „Dallas“ war Cliff Barnes‘ Vater Willard, genannt „Digger“, einer der erratischeren Charaktere. Mit der Nase hat er zwar unterirdisches Öl riechen können – das Geld, das er damit gemacht hätte, hätte er aber sofort wieder versoffen. Ebenso ziellos irrt auch die Kunstfigur Digger Barnes herum: Flucht, Rache, Verlust und immer wieder biblische Untergangsszenen sind die düsteren Themen in den tief in Wüstenrock und Americana à la Calexico verwurzelten Songs des immerzu einsamen Wohnwagenbewohners, mit denen Digger Barnes in der „Diamond Road Show“ seine traurige Geschichte erzählt. Untermalt wird das Konzert von stimmungsvollen Live-Trickfilmen, die sein Kompagnon Pencil Quincy mit seiner selbst entwickelten „Magic Machine“ erschafft: Auf einem Plattenteller hat Quincy mit einer Videokamera, Lichtern, Spiegeln und kleinen Figuren ein erstaunlich vielseitiges Miniatur-Studio gebastelt. Mit dabei haben beide Digger Barnes‘ neues Album „Near Exit 27“.

Sa, 18. 3., 19 Uhr, Junges Schauspielhaus

Zurückerobert

Gar nichts mehr macht der 16-jährige Boudewijn. Schläft nicht mehr, spricht nicht mehr, isst nicht mehr, seit seine Mutter sich das Leben genommen hat. Sein Vater aber gibt den Jungen nicht auf. Und gibt ihm auf, jeden Tag in ein Büchlein zu schreiben. Tatsächlich erobert sich Boudewijn mit jeder Seite ein Stück seines Lebens zurück, schreibt über Wut und Trauer, die rührende Liebe der und zur kleinen Schwester und seinen Lichtschein Pauline. Alexander Riemenschneider und Nora Khuon haben Erna Sassens ebenso traurigen wie hoffnungsvollen Roman „Das hier ist kein Tagebuch“ für das Junge Schauspielhaus eingerichtet. Am heutigen Samstagabend feiert das Stück Premiere. MATT

Di, 21. 3., 21 Uhr, Hafenklang

Ausgebleicht

Als die Schilleroper noch mehr war als ein Stück schimmlig-feuchten Investorentraums, als dort noch Schnäpse ausgeschenkt wurden und Herzen gebrochen, da sorgte die Band Black Heart Procession für einen nun wirklich mal denkwürdigen Abend: In Schwarz gewandet, rot blinkende Fahrradrücklichter an die Brust gepinnt, spielten sie ihren skelettierten und von der Wüstensonne ausgebleichten Amerikanasound, sang die Säge das ewige Lied vom Versäumnis, der Angebeteten nie gesagt zu haben, dass Diamanten in ihren Augen funkelten. Dass wortkarge einheimische Troyerträger sich zu vorgerückter Stunde in den Armen lagen mit eigens aus Skandinavien angereisten Jungmännergrüppchen, es versteht sich von selbst.

Mo, 20. 3., 20 Uhr, Mojo Club

Umtriebig

Bei den Gestreckte-Mittelfinger-Skateboard-Metallern Suicidal Tendencies hat er gespielt, beim experimentellen HipHopper Flying Lotus und auf dem viel beachteten Debütalbum des Jazz-Wunderkinds Kamasi Washington: Stephen Bruner alias Thundercat ist ein Mann mit vielen guten Freunden und vielleicht noch mehr Talent, wovon Besucher des letztjährigen Überjazz-Festivals sich überzeugen konnten. Nun ist er mit seinem Trio erneut in Hamburg und hat, wie es gerne heißt, im Gepäck sein neues Album „Drunk“. Wie geht Funk, der Leuten gefällt, die immer dachten, sie mögen keinen? Und wie klingt eigentlich dieser im Internet so beliebte Katzencontent als Musik? Weder dies noch jenes wollten Sie je wissen? Egal – hingehen! ALDI