Journalismus ist kein Verbrechen

Der Journalist Deniz Yücel kommt in Untersuchungshaft. Die Bundesregierung protestiert eher lau, Demonstranten ziemlich laut

Tröten für Yücel

Demos Mit zwölf Autokorsos protestieren Menschen für die Freilassung

BERLIN taz | Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will? Nicht, wenn es um Deniz Yücel geht. Für die Freilassung des inhaftierten Welt-Korrespondenten fahren Autokorsos. Am Dienstagabend waren es gleich zwölf solche Aktionen, die in neun deutschen Städten sowie in Wien, Graz und Zürich stattfanden. Organisiert hatten das die Macher der Facebook-Seite FreeDeniz.

So fuhren am Dienstagabend rund 50 Autos laut hupend und im Schritttempo durch die Kölner Innenstadt. In Frankfurt kamen rund 70 Fahrzeuge zusammen, und in München wurden 19 „FreeDeniz“-Pkws gezählt.

Eine schier endlose Kolonne von mehr als 100 Autos bildete den Berliner Autokorso, der vor der türkischen Botschaft endete. Dort hatte der Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu (Grüne) eine Kundgebung angemeldet. „Pressefreiheit ist ein hohes Gut und Grundpfeiler der Demokratie. Das muss auch Ankara verstehen“, sagte Mutlu der taz. Der „politische und öffentliche Druck“ sei nötig, meinte er.

Schon in den letzten Tagen hatten Künstler*innen Bilder an die Wand der Botschaft projiziert. Die Lichtkunstwerke zeigen Erdoğan als Queen, Angela Merkel mit dem Kopf von Yücel und eine türkische Version des Reichsadlers.

Deniz Yücels Kolleg*innen vom Springer-Verlag nutzten die Anzeigetafel auf ihrem Dach, um für #FreeDeniz zu werben. Die Online-Petition freedeniz.de sammelt Unterstützer*innen. Unter Verweis auf Artikel 19 der UN-Menschenrechtserklärung, der das Recht auf freie Meinungsäußerungen enthält, fordern dort auch Prominente wie die Fernseh-Talkmeisterin Anne Will und der Schauspieler Jan Josef Liefers die Freilassung von Yücel.

Auf Twitter posten Nut­zer*innen unter #FreeDeniz nicht nur ihre Meinung zum Thema, sondern auch Fotos von handgeschriebenen Zetteln – so wie heute auf den Seiten 2 bis 19 in der taz. Viele Teilnehmer erinnern dort auch an die rund 150 türkischen Journalist*innen, die derzeit in Erdoğans Reich inhaftiert sind.

Die Twitter-Nutzerin @kamp­sabine postete das Foto eines Graffito, auf dem mit roter Farbe „Free Deniz“ an eine Wand gemalt und darunter „Freiheit für alle politischen Gefangenen“ geschrieben steht. Die Frau ergänzte es mit einem Imperativ: „Schreibt es an jede Wand, klebt es an Fenster, Autotüren …“

Jana Anzlinger