Die Wochenvorschau für Berlin: Von Zahlen und Erzählungen
Was passiert in den nächsten Tagen? Die Polizei zieht ihre Jahresbilanz, der BER kriegt einen neuen Aufsichtsratschef. Und Müller fliegt nach Moskau.
Es ist schon seltsam mit der Wissenschaft von den Zahlen: In der Schule gilt Mathematik als das Fach mit dem höchsten Schreckensfaktor neben Physik. Später, im Erwachsenenalter, akzeptiert man dann Sammelsurien von Zahlen als einfachste Erklärung in einer immer komplizierter wirkenden Welt: Aus Statistiken werden schnell Nachrichten mit scheinbar unumstößlichem Wahrheitsgehalt. Was natürlich Quatsch ist.
An diesem Montag stellt die Berliner Polizei das Resümee ihrer Arbeit des vergangenen Jahres vor: In der Polizeilichen Kriminalstatistik – unter Insidern flott PKS abgekürzt – listet sie Morde auf und Verkehrsvergehen, identifiziert Tätergruppen und Tendenzen. Diese Zahlen der Polizei liefern stets die Grundlage für Debatten über die richtige Taktik des Innensenators. In diesem Jahr dürfte die neue rot-rot-grüne Koalition sie auch nutzen, um abschließend mit der Arbeit des allgemein als überfordert eingeschätzten CDU-Senators Frank Henkel abzurechnen.
Doch sogar in Bezug auf Henkel gilt jener Leitsatz für große Zahlenwerke: „Glaube nur jener Statistik, die du selbst gefälscht hast.“ Der Teufel liegt oft im Detail, in den der Statistik zugrunde liegenden Definitionen und rechtlichen Kategorien. So manch vermeintlich klares Ergebnis ist beim zweiten, dritten oder vierten Hinschauen vielschichtiger als gedacht.
Am Ende dieser Woche tagt erneut der BER-Aufsichtsrat, der ja ganz andere Schwierigkeiten mit Zahlen hat. Hier würde man sich wünschen, dass er sich zumindest mal auf zwei Daten einigen könnte: den Eröffnungstermin für den Fluchhafen und was der bis dahin kostet. Letzteres wird man Pessimisten zufolge nie erfahren, weil „das Ding“ – wie es unter Insidern lapidar heißt – ihrer Meinung nach nie eröffnen wird.
Ersteres wird man nach der Sitzung am Freitag auch nicht erfahren: Der seit einer Woche amtierende neue Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup müsse sich noch einarbeiten – was nachvollziehbar klingt. Sowieso gilt beim BER jener Leitsatz für kleine Zahlenwerke: „Glaube nie einem Eröffnungstermin, der schon vor der Eröffnung festgelegt wurde.“
Worum es am Freitag überhaupt geht? Auch der Aufsichtsrat – jenes Gremium, das eigentlich die Flughafen GmbH kontrollieren soll – bekommt einen neuen Vorsitzenden. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat nach der Installation seines Wunschgeschäftsführers vergangene Woche seinen Abschied vom Chefposten verkündet, sein Nachfolger wird wohl der Brandenburger Flughafenkoordinator Rainer Bretschneider. Aus Berliner Sicht wird spannend, wer Müller und die beiden erst unlängst zum Aufsichtsrat geprügelten Senatoren Klaus Lederer (Linke) und Dirk Behrendt (Grüne) ersetzen soll. Auch sie scheiden wieder aus.
Vorher düsen Müller und Lederer beim ersten Auslandstrip des Senats von Montag bis Mittwoch nach Russland, genauer nach Moskau, offiziell um die siechende Städtepartnerschaft wieder in Schwung zu bringen. Was Putins Russland angeht, muss nicht explizit darauf hingewiesen werden, dass Zahlen aus jenem Land noch mal ganz anderen Gesetzen unterworfen sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!