Ungarn lässt Asylsuchende internieren

Gesetz Flüchtlinge werden nahe der Grenze in Containerdörfern untergebracht, beschließt das Parlament in Budapest

Wer hier durchkommt, landet in der Internierung: ungarische Grenzbebefestigung zu Serbien Foto: Laszlo Balogh/reuters

WIEN taz | Asylsuchende in Ungarn werden künftig bis zum Ende ihres Asylverfahrens an der Grenze interniert. Das beschloss das Parlament am Dienstag in Budapest. „Manche sprechen von Haft“, sagte Regierungssprecher Zoltán Kovács, es handle sich aber um Unterbringung in Unterkünften. Die Asylbewerber seien dort auch nicht eingesperrt. Denn: „Nach Serbien hin sind die Lager offen.“ Will heißen: Den Flüchtlingen ist die Ausreise erlaubt.

Die Internierung soll jeweils bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens andauern. Die Anerkennungsquote war allerdings schon vor der Flüchtlingswelle von 2015 mit weniger als 17 Prozent sehr niedrig. Die Regierung steht auf dem Standpunkt, dass alle, die in das Binnenland Ungarn eindringen, aus sicheren Drittstaaten kommen und daher keinen Anspruch auf Asyl haben.

Laut Gesetz sind Asylanträge ausschließlich in der „Transitzone“ an der Grenze zu stellen. Die Einspruchsfrist gegen einen abgelehnten Asylantrag wird auf drei Tage verkürzt. Und binnen drei Tagen muss die Behörde den Einspruch an ein Gericht weiterleiten. Persönliches Erscheinen des Asylwerbers ist nicht notwendig: Er oder sie kann auch telefonisch aus der Transitzone angehört werden.

Derzeit sind vier solche Anhaltelager in den jetzt schon bestehenden vier Transitzonen geplant, zwei davon an der serbischen Grenze, wo fast alle Flüchtlinge Ungarn erreichen. Vorgesehen ist die Errichtung von Containerdörfern mit einer Kapazität von 200 bis 300 Personen.

Schon vor einigen Monaten wurde der illegale Grenzübertritt zur Straftat erklärt. Daher können Menschen, die der Polizei ohne Papiere in die Arme laufen, im Schnellverfahren zurückgeschickt werden. Innerhalb eines „Sicherheitsgürtels“ von acht Kilometern Breite gilt die Regel, dass die Illegalen ohne Verfahren in die nach außen offenen Transitzonen verfrachtet werden dürfen.

Im Sommer 2015 hatte Ungarn einen Grenzzaun entlang der grünen Grenze zu Serbien und später auch zu Kroatien errichtet. Ein zweiter, 175 Kilometer langer Abwehrwall entlang der Schengen-Außengrenze befindet sich in Bau. Veranschlagte Kosten: 123 Millionen Euro. Die Fertigstellung ist für den kommenden Mai geplant. Er wird, wie Kovács am Montag schilderte, mit den neuesten technischen Raffinessen ausgestattet sein: Kameras, Wärmebildkameras und Berührungsmelder.

Trotz des bereits bestehenden Zaunes und den wachsamen Augen von 6.000 bis 8.000 Grenzwächtern ist es im vergangenen Jahr rund 25.000 Menschen gelungen, mithilfe von Schleppern ins Land zu kommen und Asylanträge zu stellen. 17.000 davon wurden behandelt. Die meisten, so Kovács, seien aber längst untergetaucht und nach Österreich oder Deutschland weitergereist.

Ralf Leonhard