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MobilitätAuf die Auswahl kommt es an

CDU, SPD und Grüne loben Bremens Carsharing-Platzhirsch Cambio gemeinsam für sein attraktives Netz. Die FDP hatte zuvor dessen Monopol beklagt

Autotypen-Vielfalt gehört zu den Vorteilen von Carsharing Foto: Uwe Anspach/dpa

Bremen? Carsharing. Alle lieben Cambio, den Anbieter der Autos fast jeder Größe, die man sich mit anderen teilt. Cambio, die 250 Fahrzeuge in der Hansestadt verleihen und die 1990 diese Idee als erste hatten. Alle – außer der FDP. Deren Fraktion hatte bereits Ende November einen Bürgerschaftsantrag formuliert, mit dem sie zwar nicht, wie einst die MLPD, die Macht der Banken und Konzerne angehen, aber immerhin „das Carsharing-Monopol in Bremen aufbrechen“ wollte. Grund: Die Liberalen hatten eine „durch Subventionen betriebene Wettbewerbsverzerrung“ ausgemacht, die ein Monopol stütze – nämlich das von Cambio.

Ein krawalliger Auftritt, der selbst bei der CDU auf Unverständnis stieß. Deshalb reichte die nun einen Gegenantrag ein. Der ist so versöhnlich mit Bremens Carsharing-Situation, dass ihn sogar SPD und Grüne mit unterschrieben.

Zwar hatten auch die Christdemokraten in der Vergangenheit selbst in das Horn geblasen und eine Benachteiligung der Cambio-Konkurrenz moniert. Und auch heute gelten sie noch nicht als Fans der rot-grünen Verkehrspolitik – aber so viel „ideologischer Grabenkampf“ wie von der FDP war ihnen dann doch zu viel. So erklärt es Heiko Strohmann, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. „Wir sind uns bewusst, dass man im 21. Jahrhundert in einer Großstadt eine andere Verkehrspolitik machen muss, als in den 70er- und 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts“, so Strohmann. Und: „Carsharing ist ein wichtiger Faktor, um Verkehr aus der Stadt herauszuhalten.“

Klar: Auch früher schon war die Frage Thema, ob Bremen mit den von der Stadt zur Verfügung gestellten Stellplätzen für Carsharing-Autos nicht den Platzhirsch Cambio bevorzuge – bis heute sind sie die einzigen, die ihre Autos neben ihren eigenen Parkplätzen auch an den öffentlichen Mobilpunkten abstellen. Die Berücksichtigung des Carsharing-Unternehmens Move About, das eine kleine Flotte von Elektro-Autos betreibt, haperte an den Bedingungen, die die Stadt für die Teilhabe an den öffentlichen Leihauto-Stationen verlangt: Unter anderem die Kriterien des „Blauer Engel“-Siegels müssen erfüllt sein und nachgewiesen werden, dass eine Carsharing-Auto mindestens sechs private PKW ersetzt.

Laut Move About ist das nun aber alles geschehen. Aktuell verhandle man mit der Stadt über den ersten gemeinsam bestückten Mobilpunkt mit Cambio, erklärte Move-About-Geschäftsführer Markus Spiekermann.

Wegen des Antrags der FDP, der doch unter anderem seiner Firma als Cambio-Konkurrentin hätte dienen können, hatte Spiekermann sogar eine eigenen Stellungnahme verfasst: Die meisten der Forderungen des FDP Antrages seien „in der Sache wenig hilfreich“, heißt es darin. Move About hätte sich im Vorfeld eine Abstimmung gewünscht. Unter anderem forderte die FDP, die Umweltkriterien des Blauen Engels bei der Vergabe von Carsharing-Plätzen aufzuweichen – auch für Move About keine sinnvolle Idee: Das Unternehmen hält die Kriterien für „wichtig und richtig“.

Im CDU-geführten Antrag wird nun auch auf Move About eingegangen und die Ankündigung, das Unternehmen stärker als bisher zu berücksichtigen, begrüßt. Der Platzhirsch Cambio aber wird ausdrücklich gelobt: Das Unternehmen nutze seine marktbeherrschende Stellung in Bremen nicht aus, „sondern bietet durch eine Vielzahl von Mobilpunkten ein attraktives Carsharing-Netz“.

Auch Move About hält die Kriterien des Blauen-Engel-Siegels für wichtig

Die FDP hatte in ihrem Antrag dagegen erklärt, Bremen sei in Sachen Carsharing „nicht sonderlich gut aufgestellt“ und die Stadt mit der höheren Leihauto-Dichte anderer Großstädte verglichen – unter anderem Hamburg. Hier allerdings sind – neben Cambio – auch Großkonzerne wie Daimler und BMW mit ihren sogenannten Free-Floating-Modellen am Stadt. Hier leiht man Autos nicht an festen Stationen, sondern stellt sie irgendwo ab. Ein Modell, das in vielen Fällen ökologisch kaum Vorteile bringt und andererseits in einer 500.000-Einwohnern-Stadt nicht rentabel zu sein scheint – so sehen es diese Anbieter.

Ralf Saxe, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion erklärte, für die Unterstützung des CDU-Antrages sei ihm vor allem ein Aspekt wichtig gewesen: dass Carsharing an den Stadträndern besonders gefördert werden solle.

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