Galerieempfehlungen für Berlin: Multiple Wesen und Tore der Zukunft
Tipps der Woche: Papierarbeiten bei Schwarz Contemporary und Sci-Fi-Installationen in der Galerie Kwadrat.
Gezeichnete Fantasiegeschöpfe von Janne Räisänen
Um Janne Räisänengezeichnete Figuren beschreiben zu können, muss man von Vielgestalten sprechen. Den Wesen mit menschlichen und tierischen Zügen, die sich in der Ausstellung „Die Sonne hat doch geschienen“ über das Papier bewegen, wohnt stets eine weitere Präsenz inne.
Ein Gesicht zeichnet sich in einem Flügel, einem Fuß ab. Ein grauer Geist umgibt eine langhaarige Gestalt. Oder trägt sie ihn auf dem Rücken? Räisänens Fabelwesen leben in Symbiose – miteinander und mit den Mitbewohnern in ihrem Innern. Sie führen sich gegenseitig an Leinen spazieren oder fordern andere mit lockerem Handgelenk zum Mitkommen auf.
Schwarz Contemporary, Mi.–Sa. 11–18 Uhr, bis 25. 2., Sanderstr. 28
Diese in Bleistift und Ölkreide gezeichneten, fast gekritzelten Bilder sind nichts anderes als die Visualisierung fragmentarischer Identitäten. Klassifizierungen in Geschlechter oder Spezies sind in Räisänens queerem Spiel passé. In der Krone eines Vogels erscheinen Gesichter hinter einem Gitterraster. Sie sind keine Gefangene, sondern vielmehr die Versinnbildlichung der Wahrnehmungsschranken, von denen Räisänens Schaffen völlig unbeeindruckt ist.
Eine alte Musikkassette dient als Walkman, zwischen zwei Freunden. Wozu der Behälter, wenn man direkt die Quelle anzapfen kann? Das Innere, Wesentliche. So wie die Eingeweide, die im Bauch einer Figur pink aufscheinen und sagen: Ich bin viele.
Futuristische Experimente von Andreas Greiner und Armin Keplinger
Die goldenen Tore der Zukunft sind silbern. So verheißt es das flüssige Metall, das A/A (Andreas Greiner und Armin Keplinger) bei KWADRAT als wabernde Scheibe inszenieren. Galinstan ist das ungiftige, Quecksilber ersetzende Material der Zukunft.
AA tragen mit „The Golden Gates“ zur Erforschung seiner Eigenschaften bei – ganz nach dem Zufallsprinzip der wissenschaftlichen Erkenntnis: Trotz Erhitzung ist die Legierung erstarrt und bildet an Eisblumen erinnernde Formen auf der Oberfläche.
Galerie Kwadrat, Mi.–Sa. 13–19 Uhr, bis 11. 3., Manteuffelstr. 92
Der prähistorische Gegenpool zur Zukunftstechnik der Virtual-Reality-Brille, mit der man sich in Weltraumnebel schießen kann. Das größte Faszinosum aber ist die Arbeit „A / :::“. Zwischen Abdeckkästen tut sich ein silberglatter Zwischenraum auf, in dem Wasser schwebt.
Durch akustische Levitation beginnen Tropfen, die auf einer Platte landen, aufzusteigen und in der Luft zu verharren. Die auslösenden Sinuswellen sind für Menschen unhörbar. Der Eindruck, der Entstehung eines Mikroplaneten mit Leben erhaltenden Wasserspeichern beizuwohnen, aber klingt nach.
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