„Tatort“ aus Weimar: Geht’s noch ein bisschen absurder?
Der „Tatort“ wimmelt von schrägen Vögeln in einem skurrilen Mordfall. Nur die Ermittler sind langweilig und die Story ist egal.
Lupo ist Schupo und liebt Rosen. Und Kakao. Außerdem Andrea und Kira. Kira ist die Kommissarin. Andrea liebt Porzellan. Weil Lupo Kira mehr liebt, verwüstet Andrea sein Rosenbeet. Dabei sprengt eine Bombe sie in tausend Stücke.
Nein, das ist kein Abzählreim, das ist der Weimarer „Tatort“. Und ja, das klingt alles schräg, und genau das soll es wohl auch sein.
Im Münsteraner „Tatort“ sind die Ermittler traditionell ulkige Karikaturen und alle anderen Menschen dagegen relativ blass. Beim MDR hat man sich offenbar entschieden, es andersherum zu machen: jede Menge schräge Vögel und daneben ein erblassendes ErmittlerInnenpaar.
Neben Lupo (dem irgendwann jemand Gift in den Kakao schüttet) und der explodierten Andrea sind da noch die dauerrauchende Tante, der Exknacki mit dem Totenkopftattoo und die beiden Erbinnen der Porzellanfabrik, von denen die eine herrlich böse, die andere schrecklich lieb ist. Ab und zu läuft auch noch ein zwielichtiger Notar durchs Bild. Sind Notare in Krimis eigentlich je irgendetwas anderes als zwielichtig?
Weimar-„Tatort“: „Der scheidende Schupo“, Sonntag, Das Erste, 20.15 Uhr
Diese ganzen Comicfiguren sind jedenfalls in den skurrilen Mord an Lupo verwickelt – der aber noch lebt, weil er langsam stirbt. Erinnert sich noch jemand an die Ermittler? Denen hat man von der Requisite einen Topf Kinderkacka in die Hand gedrückt, damit sie auch noch zu ihrer skurrilen Storyline kommen und nicht komplett zum Beiwerk werden.
Man kann das alles nett finden, weil es irgendwie anders ist und aus dem Krimistrickmuster ausbricht. Das Problem ist nur: Wer es denn nun letztlich war, also die zentrale Frage, die einen Krimi spannend macht, wird mit jeder Szene egaler, so wenig Identifikationsfläche bieten die Figuren. Das ist dann eben der Preis, wenn man es so richtig absurd haben will.
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