Berlin treibt Moscheeverbot voran: Amri passte nicht ins Raster
Der Innenausschuss beschäftigt sich abermals mit den Folgen des Terroranschlags. Die Moschee, in der Amri verkehrte, ist auf dem Prüfstand.
Mehrfach ist Anis Amri, Attentäter vom Breitscheidplatz, beim Betreten des Moscheevereins Fussilet 33 gefilmt worden. Die Räume in Moabit galten Sicherheitsbehörden schon lange als Treffpunkt der gewaltbereiten salafistischen Szene. Das Referat in der Innenverwaltung indes, das ein Verbot hätte voranbringen können, war unter dem früheren CDU-Innensenator Frank Henkel verwaist. Drei Mitarbeiter arbeiteten nun „mit Hochdruck“ an der Verbotsverfügung, sagte Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD) am Montag. Der Entwurf werde bis Ende des Monats fertig sein.
Es war das zweite Mal, dass sich der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses mit den Folgen des Terroranschlags für Berlin beschäftigte. Bei dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt am 19. Dezember waren zwölf Menschen ums Leben gekommen.
Innensenator Andreas Geisel (SPD), Staatssekretär Akmann und der Leiter des Landeskriminalamts (LKA), Christian Steiof, trugen am Montag den aktuellen Erkenntnisstand vor. Auch bei den künftigen Sitzungen würden die Parlamentarier regelmäßig unterrichtet, versprach Geisel.
Von einem Untersuchungsausschuss, wie ihn die FDP letzte Woche gefordert hatte, war am Montag keine Rede. Die rot-rot-grüne Koalition und die CDU wollen erst die länderübergreifenden Untersuchungen der Bundesregierung abwarten.
Der als islamistischer Gefährder eingestufte Amri hatte in Berlin vom 5. April bis zum 21. September 2016 unter Telefonüberwachung gestanden. Die Maßnahme war aufgehoben worden, weil Amri anscheinend keine Anschlagspläne verfolgte. Außerdem habe Amri nicht mehr ins Raster der Sicherheitsbehörden gepasst, so Geisel. „Er war ein Drogendealer, nahm selbst Drogen und hielt den Ramadan nicht ein.“
Sein Verhalten stehe im Widerspruch zu den Erkenntnissen, die Polizeien im In- und Ausland von Attentätern hätten, so Steiof. Die Einhaltung der Gebote des Islam sei für gewaltbereite Islamisten absolut wichtig. „War Amri ein Einzelfall, hat er sein Tun getarnt oder brechen uns die Kriterien weg?“ Das, so Steiof, sei nun zu prüfen.
Priorität habe aber die Frage: „Wer waren Amris Kontaktpersonen?“ Allein 28 Beamte seien mit der Sichtung von Videomaterial – „im dreistelligen Terabyte-Bereich“ beschäftigt, so Steiof. Die Auswertung werde Wochen dauern.
Aus den Aufzeichnungen ergibt sich laut Staatssekretär Akmann, dass Amri mehrfach in der Fussilet-Moschee war. Das letzte Mal am Tattag zwischen 18.38 und 19.07 Uhr. Keine Stunde später fuhr er mit dem Sattelschlepper auf den Weihnachtsmarkt.
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