: KUNST
Kunst BRIGITTE WERNEBURG schaut sich in Berlins Galerien um
Die lang dahintropfende Gipsträne, die Jiwon Jung in einen Metallrahmen hängt, die junge, von Ann-Kathrin Müller auf interessant verdrehte Weise einen klassischen Bauhaus-Freischwinger gesetzte Frau oder das an die Wand gepinnte „imaginery diary of a unknown friend“ von Miriam Temme, das Hochgebirgsaufnahmen und verstaubte Porträts kombiniert: alle Arbeiten in der Galerie Burster sind Schwarz-Weiß. Elf Künstler*innen der Galerie haben je einen Freund oder eine Freundin eingeladen, was am Ende 22 Positionen aus Fotografie, Lithografie, Malerei, Plastik, Video, Zeichnung, Installation und Performance – und eine spannende Schau ergibt, in der Aspekte von Materialität, Form, Licht, Oberfläche und Bildraum, die oft hinter dem Eindruck der Farbigkeit zurücktreten, nun im Vordergrund stehen (bis 25. 2., Di.–Fr. 12–18, Sa. 12–16 Uhr, Kurfürstendamm 213).
Schwarz-weiß sind auch die Schlangenhäute aus Keramik, die Lucía Pizzani im House of Egorn an den Wänden installiert hat. Und S/W sind ihre Photogramme von Bohnen, Eiern, Paprika, Reis, Zucker oder Nudeln, die den Essenkorb einer Familie für einen Monat symbolisieren: „Cesta Básica“. Und auch in „Ciclo“ montiert die 1975 in Caracas geborene Künstlerin gefundenes Filmmaterial zur Schlange, zu ihrer Symbolik der Heilung und Regeneration wie der des Sündenfalls zum farb- und tonlosen Videoclip. Pizzani lebt in London. Geografisch hat sie Venezuela hinter sich gelassen, thematisch aber bleibt sie im Land, dessen Niedergang unter der populistischen Regierung von Chávez und nun Maduro – der Cesta Básica kostet heute 18 Mindestlöhne − sie sehenswerte konzeptuelle Serien abgewinnt (bis 25. 2., Mi.–Sa. 11–18 Uhr, Schöneberger Ufer 51).
Es ist nur Zufall, aber auch Jonathan Bragdons überzeugendste Arbeiten bei Aurel Scheibler sind schwar-zweiße Bleistiftzeichnungen von Bergmotiven wie „Les Diablerets, from the Pas de Cheville“, 2016. Trotzdem zeigt der 1944 in Delaware geborene amerikanische Künstler in seiner Werkschau auch hinreißende farbige Landschaftsstudien, etwa die zwei definitiv den 1979er Jahren zuzuordnenden Blätter: „unfilding landscape“ und „formed by folds and tucks in the tissue of light“. Seine Art zu zeichnen definiert er selbst als eine Art, die zugleich eine Weisedes Wissens ist. Und tatsächlich fasziniert der akribische Reichtum an Strichen, Schraffuren und Punkten, mit dem Bragdon sein Motiv geradezu erschöpfend in all seinen Nuancierungen festhält, zart und imposant zugleich, wobei die Detailtreue jederzeit in die Abstraktion umzukippen vermag (bis 18. 3.,Di.–Sa. 11–18 Uhr, Schöneberger Ufer 71) .
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