Türkei: Online-Zensur und Auswege

BERLIN taz | Die erste Meldung zur Blockade der Webseite „#Özgürüz“ kam über Twitter: „Die Homepage wurde 12 Stunden vor dem morgigen Start in der Türkei gesperrt. Das beeindruckt uns wenig! Morgen geht’s los!“, konnte man Donnerstagabend lesen. Das türkisch-deutsche Nachrichtenportal unter dem Dach des gemeinnützigen Recherchezentrums „Correctiv“ steht unter der Leitung des in der Türkei mit Haftstrafen belegten Journalisten Can Dündar.

„Nach einer technischen und juristischen Überprüfung“ sei die Seite gesperrt, vermeldete die türkische Telekommunikationsbehörde. Auf der Facebook-Seite von „Özgürüz“ diskutieren bereits Leser*innen aus der Türkei, wie die Blockade zu umgehen sei. „Lad dir das Programm Hola runter und gehe von Deutschland aus auf die Seite“, schreibt ein Nutzer. Ein anderer empfiehlt: „Nutzt VPN!“

Dass die Nutzer sich so gut auskennen, ist kein Zufall. Nach Angaben des „Freedom of the Internet Report 2016“ wurden in der Türkei 2016 mehr als 100.000 Webseiten geblockt. Kritische Webseiten können türkische Nutzer aber über ein Virtuelles privates Netzwerk, kurz: VPN, nutzen und sich über virtuell über ein anderes Land in das Internet ihres eigenen Landes begeben. Laut Global Web Index gehört die Türkei zu den Ländern mit dem höchsten Anteil an VPN-Nutzer*innen.

Internetsperrungen und ihre Umgehungen entwickeln sich mittlerweile zu einem Wettstreit zwischen Hase und Igel zwischen der türkischen Telekommunikationsbehörde und den Internetnutzer*innen. Seiten wie „Turkey blocks“ informieren in Echtzeit über Sperrungen. Und die Türk*innen verbreiten per Mundpropaganda, welcher VPN-Zugang gerade nicht gesperrt ist. Unfrei? Nicht wirklich. Ebru Taşdemir

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