Volkswagens Rücklagen reichen nicht mehr aus

Dieselgate Der Abgasskandal wird für VW immer kostspieliger. Noch sind viele Risiken offen

Die US-Behörden weiten ihre Ermittlungen gegen VW-Führungskräfte aus

BERLIN taz | Der Abgasskandal kommt Volkswagen immer teurer zu stehen. Europas größter Autokonzern einigte sich am Mittwoch mit dem US-Justizministerium auf einen strafrechtlichen Vergleich in Höhe von umgerechnet 4,1 Milliarden Euro. Damit sollen strafrechtliche Ermittlungen wegen der Manipulation von Abgaswerten bei Dieselfahrzeugen beigelegt und Bußgelder beglichen werden.

Die Summe ist deutlich höher, als andere Autokonzerne für Verfehlungen in den USA – auch solche, die zu schweren Unfällen führten – aufbringen mussten. Marktanalysten hatten weniger erwartet. Bei Hunderten von Zivilklagen von Kunden, Autohändlern und Behörden hat sich VW bereits auf juristische Vergleiche geeinigt, die rund 15 Milliarden Euro kosten könnten. Größter Posten dabei ist der Rückkauf von bis zu 475.000 Fahrzeugen; unklar ist aber, ob alle betroffenen Kunden ihr Auto zurückgeben.

Auch in Deutschland und Europa klagen Kunden auf Rückabwicklung des Kaufs ihrer Fahrzeuge oder Entschädigungen. Eine Internetplattform, die mit einer US-Kanzlei zusammenarbeitet, reichte Anfang Januar eine Musterklage ein. Entschädigungen wie in den USA lehnt VW ab. Sie könnten die Existenz des Konzerns gefährden.

Auch die Schadenersatzansprüche von Anlegern haben es in sich. Sie wollen einen Ausgleich für Kursverluste durchsetzen und argumentieren, VW hätte früher über das Ausmaß der Manipulationsaffäre informieren müssen.

Wie hoch die Kosten der Abgasaffäre insgesamt für den Konzern sein werden, steht also noch lange nicht fest. Klar dürfte aber schon jetzt sein: Die Rücklagen dafür, nämlich 18,2 Milliarden Euro, werden wohl nicht reichen. Und Fakt ist auch: Irgendwo müssen die Kosten des Abgasskandals erwirtschaftet werden; das geht entweder zulasten der Arbeitnehmer oder dringend benötigter Investitionen für die Elektromobilität oder das autonome Fahren.

Ganz konkrete Sorgen hingegen hat der VW-Manager, der am vergangenen Wochenende in Florida festgenommen wurde. Gestern wollte ein ­Haftrichter entscheiden, ob er gegen Kaution frei kommt. Die Staatsanwaltschaft lehnte das ab: Der Betroffene könnte ja fliehen – nach Deutschland. Richard Rother