: „Eine positive Fülle“
FACHTAG Die Grünen laden zu Workshops über Inklusion und seelische Gesundheit
■ ist Fachärztin für Psychiatrie und gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen.
taz: Frau Kappert-Gonther, Sie veranstalten heute einen Fachtag zu inklusiver Gesellschaft und seelischer Gesundheit. Wie weit ist Bremen auf dem Weg dorthin?
Kirsten Kappert-Gonther: Seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention 2009 durch den Bundestag hat Bremen bereits deutliche Schritte in die richtige Richtung unternommen. Es geht dabei um einen echten Paradigmenwechsel: Weg von einem paternalistischen Sozialsystem, in dem Behinderten freundlicherweise Gutes getan wird, hin zum Recht auf Teilhabe – und zu einer Gesellschaft, die Verschiedenartigkeit als positive Fülle erlebt. Dabei hängt vieles, aber nicht alles vom Geld ab. Inklusion ist auch eine Frage der Haltung, und da sehe ich in Bremen eine große Ernsthaftigkeit, Inklusion zu verwirklichen. Die Bürgerschaft hat einstimmig beschlossen, einen Arbeitskreis zu deren Umsetzung zu installieren.
Wo zeigt sich diese Ernsthaftigkeit konkret?
Zum Beispiel in der Schulpolitik oder auch in der Stadtplanung. Zwar gibt es noch keinen kompletten barrierefreien Umbau bestehender Stadtquartiere. Aber immerhin ist klar, dass bei Neuplanungen wie dem Hulsberg-Quartier solche Standards eingehalten werden. Das war beispielsweise bei der Überseestadt mit ihren Rollstuhl-feindlichen Kiesstreifen noch nicht der Fall – obwohl deren Planung ja noch gar nicht lange zurück liegt.
Die Bildungssenatorin begründet ihren Rücktritt insbesondere mit der „nicht hinreichenden Ausstattung“ der schulischen Inklusion – und nimmt Ihre Partei, die Grünen, dafür in die Verantwortung.
Diese Äußerung der Senatorin ist für mich unverständlich, da der Bildungshaushalt seit Jahren kontinuierlich ansteigt – darin ist sich die Koaltion ja einig. In Sachen Inklusion ist es lediglich so, dass wir das ursprünglich geplante Tempo etwas reduzieren müssen, worauf sich der Koalitionsausschuss bei seiner letzten Sitzung – der vor dem Rücktritt – verständigt hat.Interview: Henning Bleyl
Fachtag: Ab 14 Uhr in der Bürgerschaft. Um 17.45 Uhr erfolgt eine Ergebnis-Präsentation aus den Workshops
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