piwik no script img

Polizei lässt die Finger vom Handy-Steckbrief

Bochums Polizei hat die Fahndung mit SMS eingestellt. Nordrhein-Westfalens Innenministerium zieht eine desaströse Bilanz des Pilotprojekts für Mobiltelefone. Das Verschicken der Kurznachrichten sei zu teuer und zu unergiebig

BOCHUM taz ■ „Bankraub, Polizei sucht zwei Männer, Jeans, schwarze Jacken, flüchtig mit braunem 5er BMW, Dortmunder Kennzeichen“. So oder ähnlich sah eine Fahndungs-Shortmessage aus, wie sie noch Anfang des Jahres die Mobiltelefone von Bochumer Taxi- oder Busfahrern erreichte. Modern und schnell wollte die Polizei auf Verbrecherjagd gehen und dabei auf die Hilfe Mobiltelefonierer setzen. Doch das Projekt mit den mobilen Kurznachrichten (SMS) floppte.

„Kein einziger Täter ist überführt, kein einziger Vermisster gefunden worden“, sagt Wolfgang Beus. Der Sprecher des nordrhein-westfälischen Innenministeriums zieht eine niederschmetternde Bilanz für das Pilot-Projekt „SMS-Fahndung“. Es sei deshalb eingestellt worden.

Die Fahndung per SMS setzte vor allem auf die freiwillige Mitarbeit von Taxi- oder Busfahrern. Menschen, die berufsbedingt viel unterwegs sind, sollten der Polizei bei der Suche nach flüchtenden oder vermissten Personen helfen. Per Kurznachricht schickten die Ordnungshüter die Beschreibung eines Flüchtigen auf die privaten Telefone. Die Staatsbürger im Straßenverkehr sollten die Augen offen halten. Eine verdächtige Person im Visier, sollten die freiwilligen Hilfspolizisten sofort Alarm schlagen. Soweit die Idee. Zum Erfolg führte sie nicht.

„Hinweise gab es viele“, verteidigt Volker Schütte von der Bochumer Polizei den Einsatz der nebenberuflichen Fahnder. „Nur haben wir keinen einzigen Treffer damit landen können.“ Bochum war der einzige Polizeistandort in Nordrhein-Westfalen, der an dem bundesweiten Pilotprojekt teilnahm. Initiiert wurde die Suche per Handy Anfang 2004 von Bundesinnenminister Otto Schily. Neben Bochum hatten nur Magdeburg in Sachsen-Anhalt und Lüneburg in Niedersachsen die mobile Täterjagd überhaupt eingeführt – es soll von Anfang an erhebliche Zweifel an der Effizienz gegeben haben. Nach knapp zwei Jahren Laufzeit war das Polizeipräsidium Bochum die letzte Behörde, die das Fahndungs-Projekt für beendet erklärte: „Wir haben eigentlich keine so ganz schlechten Erfahrungen gemacht“, sagt Schütte. Schließlich hätte heute fast jeder ein Handy und das auch immer dabei. Doch dass das Pilot-Projekt zeitlich befristet war, sei eben von Anfang an vorgesehen gewesen.

Das Landesinnenministerium sieht das etwas anders: Bürger per SMS in die Fahndungsarbeit mit einzubeziehen, hätte für die Polizei keinen Mehrwert: „So wie es erprobt worden ist, wird das Verfahren nicht eingesetzt werden“, sagt Sprecher Beus. Schließlich kostete jede SMS das Innenministerium einige Cents. Bei der Aufklärung von Verbrechen spiele das zwar eigentlich keine Rolle – in diesem Falle würden sich die Ausgaben aber einfach nicht rechnen.

Versprochen hatte sich das NRW-Innenministerium ohnehin wenig: Das Projekt sei ein Versuch gewesen. Bürger an Polizeiarbeit und laufenden Fahndungen zu beteiligen, sei außerdem überhaupt nichts Neues, so Wolfgang Beus: „Schon seit Ewigkeiten bittet die Polizei die Bürger um sachdienliche Hinweise.“JOSEFINE FEHR

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen