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Kohle geht die Kohle aus

Die Zeche Lohberg in Dinslaken wird vorzeitig schließen, Azubis nicht übernommen. Der Grund: Der Abbau im Revier lohnt nicht mehr, auch weil mehr Energie verbraucht wird, als heraus geholt

AUS DINSLAKEN ALEXANDER FLORIÉ

Große Erwartungen hatte keiner der rund 700 Kumpel, die sich am Sonntag Morgen auf den Weg zur Betriebsversammlung in die Zentralwerkstatt der Zeche Lohberg/Osterfeld machten: Dass Lohberg zum 31. Mai 2006 vorzeitig schließt, wurde schließlich schon im Mai 2004 beschlossen. „Man hat sich damit schon abgefunden“, fasst einer der Männer die allgemeine Stimmung zusammen.

Das Ergebnis kann sie dann doch noch erschrecken: Ihre Arbeitsplätze werden noch ein halbes Jahr früher verschwinden, teilte ihnen kurz darauf der der Vorstandvorsitzende der Deutschen Steinkohle (DSK), Jürgen Eikhoff mit. Lohberg/Osterfeld soll am 1.1.2006 Geschichte sein. Begründung: Die finanziellen Rahmenbedingungen für das Jahr 2006 hätten sich geändert. Anpassungsgelder aus dem Saarland würden wegbrechen und wegen der hohen Energiepreise sei die Zeche ein „höheres Risiko“ für die DSK geworden.

Die gestiegenen Energiepreise machen laut Eikhoff für alle nordrhein-westfälischen Zechen 300 Millionen Euro aus. „Hier wird das ein zweistelliger Millionenbetrag sein“, so Eikhoff.

Eine durchaus realistische Einschätzung, meint der stellvertretende Vorsitzende der Bürgerinitiative Bergbaubetroffener, Reiner Lenau. Da die Kohle am Rande des Dinslakener Grabens nur versetzt liegt, müssten man die Maschinen neu ansetzen. „ Wenn die von der Bundesregierung nur einen Pauschalbetrag für den Energieverbrauch kriegen, kann sich das für die paar Monate nicht mehr rechnen.“

Zumal die Preise für Importkohle bei hoher Qualität im Schnitt bei 62,50 Euro lagen: „Wenn man subventioniert nur noch 46 Euro pro Tonne erzielen kann, ist das natürlich nichts mehr, was sich aus Sicht der DSK lohnt.“

„Für die Belegschaft kam die Nachricht nicht wirklich überraschend“, sagt der Lohberger Betriebsratsvorsitzende Jörg Buhren-Ortmann. Schwer werde es aber, einen Ausgleich über offene Stellen vor Ort zu finden. Die Auszubildenden würden nicht übernommen, sie werden nur noch befristet übernommen.

Das Personal soll von 2000 auf 1.450 zurückgehen. Danach sollen die 1.200 Kumpel auf die Zechen im Ruhrgebiet verteilt werden. Rund 150 bis 200 Leute sollen unter Tage dann noch die Maschinen rausholen und die Schächte verfüllen. „Ich mache dann im August das Licht aus“, sagt Buhren-Ortmann. Lohberg 2006 und dann Walsum Mitte 2008 sind erst der Beginn des niederrheinischen Zechensterbens: Der schwarz-grün-gelbe Weseler Kreistag fordert einen festen Fahrplan für die Kamp-Lintforter Zeche West.

Der niederrheinische IGBCE-Bezirksleiter Uwe Goemann hofft auf „Vernunft“ in der Kohlepolitik durch die SPD in einer großen Koalition. Auf Einsicht hofft auch Eikhoff. Wie die Kürzungen sozialverträglich ablaufen sollen, wisse man noch nicht.

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