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Stimmungsvolles Licht: Mit einer indirekten Beleuchtung lassen sich Akzente setzen Foto: Jean-Philipp Baeck

Kelvin allein zu Haus

LichtberatungWer seine Wohnung einrichtet, unterschätzt oft die Bedeutung der richtigen Beleuchtung. Der Fachmann erklärt, worauf man achten sollte

von Lena Kaiser

Die meisten Menschen mögen es in ihrer Wohnung hell. Vielleicht, weil sie sich sonst vor irgendwem –oder auch vor sich selbst –fürchten. Dass das Dunkle dagegen in einem schlechten Ruf steht, zeigt sich schon in der Umgangssprache, wenn die sprichwörtliche Umnachtung einen Zustand des Wahnsinns beschreibt.

Warum meine Großeltern immer in der dunklen Stube saßen, habe ich nie verstanden. Aber es scheint sie nicht bekümmert zu haben. Höchstens die kleine Stehlampe neben dem Sessel mit dem Klapphocker für die Füße hatten sie abends angeknipst.

Klar, lichtdurchflutete oder optimal beleuchtete Räume muss man sich leisten können. Aber so schlecht war es um die beiden, soweit ich weiß, auch nicht bestellt, dass sie nicht wenigstens die eine oder andere Lampe hätten anmachen können. Meine Schwestern und ich haben diesen Sparsinn irgendwann nur noch asketisch genannt. Um Gemütlichkeit ging es dabei jedenfalls nicht.

Auch in meiner Wohnung könnte es etwas gemütlicher sein. So viel ich auch aufräume oder sie mit Schnittblumen schmücke, so richtig zufrieden bin ich nicht. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich auf die Idee kam, dass es am Licht liegen könnte.

Weil ich selbst wenig davon verstehe, frage ich den Experten. Ob bei einem Neubauprojekt oder in bewohnten Räumen, die erste Frage ist immer: Wo wird überhaupt Licht benötigt – und welche Art von Licht ist angemessen, erklärt mir Florian Reißmann von Inlux Lichtplanung aus Hamburg-Altona. Er ist in meine Wohnung gekommen und schaut sich um. Welches Licht man bevorzugt, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich, sagt er mir. Denn beim Licht spiele „der emotionale Faktor eine große Rolle“. Dieser sorge dafür, dass man sich irgendwo wohl oder unwohl fühle.

Wer einen Lichtberater aufsucht, hält seine Wohnung oft für zu dunkel. Auch meine Wohnung könnte besser beleuchtet sein. Wir begutachten meine Küche. „Hier braucht man Licht zum Arbeiten“, sagt der Fachmann. Weil meine Küche aber gleichzeitig mein Esszimmer ist, wäre mindestens zum Abendessen eine stimmungsvollere Beleuchtung wünschenswert. Mit der Osram-Energiesparlampe in Röhrenform, die in der Mitte des Raums in einer schnöden Fassung von der Decke baumelt, bin ich davon allerdings meilenweit entfernt. Florian Reißmann erklärt mir, dass ich damit den gesamten Raum aufhelle –ohne Akzente zu setzen. Ein gemütliches Essen kann bei solchen Lichtverhältnissen leider nicht stattfinden, sagt der Lichtexperte. Es sei denn, ich nehme Kerzen. Für eine bessere Esszimmerstimmung schlägt er vor, den Tisch gezielter anzuleuchten – mit einer Leuchte über dem Tisch oder auch mit Leuchtmitteln, die die Tischfläche anstrahlen.

Für meine Stehleuchte, die ich neben meinen Tisch in der Küche stelle, um eine gemütliche Lichtstimmung zu bekommen, empfiehlt mir Reißmann ein Leuchtmittel mit warmer Lichtfarbe bis zu 2.700 Kelvin.

Außerdem findet der Lichtberater, könnte mein Abwaschbecken besser ausgeleuchtet sein, damit ich mir selbst nicht im Licht stehe. Dieser Vorschlag hat für mich keine Priorität. Wozu habe ich eine Spülmaschine? Aber beim Kochen wäre eine andere Lichtquelle gut. Hier sollte das Leuchtmittel 3.000 Kelvin haben.

Eine Frage der Lichtfarbe

„Wir bekommen Licht in sehr unterschiedlichen Qualitäten“, sagt der Lichtberater. Die entscheidende Frage sei, welche Lichtfarbe will man. Je wärmer die Lichtfarbe, desto gemütlicher wird es. Doch ganz so einfach ist es doch wieder nicht: Denn im Laufe des Tages variiert das natürliche Licht im Farbspektrum: Das Abendlicht ist ganz anders als das Morgenlicht.

Die Farbtemperatur des Lichtes wird über Kelvin bestimmt. Eine Kerze hat etwa 2.400 Kelvin. Die alte Glühlampe wurde mit ihrer Farbtemperatur von 2.700 Kelvin eigentlich immer als angenehm empfunden.

Heutige LED-Produkte, die als warm-weiß bezeichnet werden, haben oft eine Farbtemperatur im Bereich von 3.000 bis 3.200 Kelvin. „Der Begriff warm-weiß ist nicht geschützt“, sagt der Lichtberater. Deshalb sei es wichtig, auf die viel aussagekräftigeren Kelvin-Angaben zu achten. Die von der Glühlampe bekannten 2.700 Kelvin werden im LED-Bereich oft als „extra warm“ bezeichnet.

Ein zweiter wichtiger Wert auf den Produkten ist die Lumenangabe. Die Lumenanzahl verrät, wie viel Licht von einer Lampe ausgestrahlt wird. Eine 60 Watt-Glühlampe hatte zum Beispiel etwa 800 Lumen.

Kein Kerzenlicht am Mittag

Die EU schreibt vor, dass Hersteller auf die Packungen schreiben müssen, wie effizient eine Leuchte ist und um welche Lichtfarbe es sich handelt. In einer Behaglichkeitsstudie wurde der Zusammenhang zwischen Helligkeit und Lichtfarbe untersucht. Daraus ging hervor, dass an einem hellen Tag eine warme Lichtquelle als eher unangenehm empfunden wird. Kerzenlicht wirkt abends –nicht aber in der Mittagssonne.

Lichtberater wie Florian Reißmann sind dazu da, das Optimale aus der Beleuchtungssituation rauszuholen. Wenn man etwa ein besonderes Objekt farblich betonen will, ist die Qualität des Lichts für die Farbwiedergabe entscheidend. Der Wert 100 ist dabei durch das Tageslicht definiert. Reißmann hat eine Musterleuchte in der Hand mit der er meine orangefarbene Küchenbank anleuchtet: 95 CRI (Color Rendering Index) hat diese Leuchte, das ist der Farbwiedergabeindex. Diese Leuchte ergibt eine satte, warme Farbe.

„Mit dem richtiges Licht kann eine gelbe Wand gelb leuchten, mit dem falschen Licht dagegen kalkig-grün“, sagt Reißmann. Im Baumarkt gibt es Leuchtmittel in unterschiedlicher Qualität. Preisunterschiede sind manchmal gerechtfertigt, denn es kommt schon mal vor, dass billige Leuchtmittel brummen.

Reißmann mag Leuchten, die man bewegen kann. Sie sorgen für eine andere Lichtstimmung. Reißmann mag die alte Glühlampe am liebsten. Leider hat er nur noch wenige davon übrig. „Wenn ich geahnt hätte, wie stark sich das Licht verändert, hätte ich noch mehr von ihnen gebunkert“, sagt er. Vor allem das mattierte Licht war viel differenzierter als das harte klare Licht einer durchsichtigen Birne. Das Licht der LED-Lampe ist blau. Erst über dem Chip befindet sich Phosphor, der das Licht gelblicher macht.

Wie teuer ein Lichtplaner ist, hängt vom Umfang der Bearbeitung ab. Oftmals kommt die Lichtplanung zu kurz. Dabei kann man mit dem richtigen Licht in seiner Wohnung viel erreichen.