: Ab März zurück zu den Griechen
Asyl Die Bundesregierung möchte Flüchtlinge, die die EU in Griechenland betreten haben, wieder dorthin abschieben. Eine Ausnahmeregelung, die seit 2011 gilt, läuft aus
Von Christian Jakob
Nach der Dublin-Regelung der EU ist Griechenland für alle Flüchtlinge zuständig, die dort zum ersten Mal behördlich registriert werden. Wegen der katastrophalen humanitären Situation verzichtet eine Reihe von EU-Staaten aber darauf, Flüchtlinge nach Griechenland zurückzuschicken.
Deutschland etwa handhabt dies seit 2011 so. Der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble ordnete die befristete Anwendung einer Klausel an, nach der Flüchtlinge, die sich aus Griechenland nach Deutschland durchschlagen, hier ihr Asylverfahren betreiben dürfen. Damals stand das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe kurz davor, Abschiebungen nach Griechenland per Grundsatzurteil zu untersagen. Das wollte Schäuble vermeiden. Weil sich die Lage in Griechenland aber nicht besserte, wurde die Sonderregelung Jahr um Jahr verlängert – zuletzt vor wenigen Tagen, aber eben nur noch für zwei Monate. Danach soll sie auslaufen.
Im Dezember hatte die EU-Kommission den Mitgliedstaaten empfohlen, die Dublin-Ausnahmen für Griechenland zu beenden. Es habe „Verbesserungen“ im griechischen Asylverfahren und Aufnahmesystem gegeben, so die Kommission. Unter gewissen Voraussetzungen seien Abschiebungen daher wieder möglich.
So soll Griechenland vor jeder Abschiebung garantieren, dass die Rückkehrer einen Platz in einer Einrichtung bekommen, die der EU-Aufnahmerichtlinie entspricht. Zudem müsse das Asylverfahren dort in „angemessener Frist“ abgearbeitet werden. Kranke, Minderjährige und Familien sollen ausgenommen bleiben.
Beim UN-Flüchtlingswerk UNHCR hieß es, Griechenland müsse „für jeden Einzelfall“ adäquate Aufnahmebedingungen und Asylverfahren garantieren. Dann könnten Erwachsene ohne „Vulnerabilitäten“ graduell wieder zurückgeschickt werden.
Florian Westphal, Ärzte ohne Grenzen
Menschenrechtsorganisationen kritisierten die Ankündigung heftig. „Zehntausende Flüchtlinge sitzen in Griechenland im Schnee und die EU und das Innenministerium reden die Verhältnisse schön“, sagte Karl Kopp von Pro Asyl. Obwohl erhebliche Summen aus Brüssel nach Griechenland geflossen sind, seien die Bedingungen für Flüchtlinge dort noch immer völlig unzumutbar, so Kopp. Die EU lasse dies völlig außer Acht, wenn sie „unbedingt zu den Dublin-Verhältnissen zurück will.“
„Momentan Menschen nach Griechenland abzuschieben wäre unverantwortlich“, sagte Florian Westphal, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Deutschland. „In den völlig überfüllten Hotspots auf Lesbos und Samos hausen Menschen in Sommerzelten, ohne wirklichen Schutz gegen Kälte und Regen.“
Auch in den Camps auf dem griechischen Festland sei die Unterbringung ungenügend. „Wie soll Griechenland noch mehr Menschen aufnehmen, wenn es schon jetzt nicht gelingt, viele der mehr als 60.000 Menschen auf der Flucht, die derzeit in Griechenland gestrandet sind, dort angemessen zu versorgen?“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen