Die Familie des Attentäters wird drakonisch bestraft

IsraelMit drastischen Maßnahmen will die Regierung künftige Terroranschläge unterbinden

Ein Minister will die Angehörigen nach Gaza deportieren

JERUSALEM taz | Mit Straßenblockaden und einem Sonderaufgebot von Sicherheitskräften rings um den Ostjerusalemer Bezirk Dschabel Mukaber, aus dem der palästinensische Attentäter Fadi Kunbar stammte, reagierte Israels Polizei auf den Lastwagenanschlag am Vortag. Die Polizei nahm am Montag neun Palästinenser aus Dschabel Mukaber fest, darunter fünf Angehörige des Attentäters, der selbst am Tatort erschossen worden war. Zudem entschied die Regierung, das Wohnhaus der Familie zu zerstören.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vermutet, dass Kunbar mit der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) sympathisierte, was Familienangehörige bestreiten. Denkbar sei auch eine Verbindung zwischen den Attentaten in Nizza, Berlin und Jerusalem, meinte Netanjahu, der „weitere Maßnahmen“ gegen den Terror angekündigte, ohne jedoch ins Detail zu gehen. Ein Sprecher der Regierung erklärte, dass jeder, der öffentlich mit dem IS sympathisiert, künftig ohne Anklage inhaftiert werden kann. Israels Bau- und Wohnungsminister Joav Galant forderte den Landesverweis der Familie Kunbar. Außerdem soll den Angehörigen und „allen, die an Terror beteiligt sind“, ihr Kranken- und Sozialversicherungsschutz entzogen werden.

Der stellvertretende Minister für Regionale Zusammenarbeit Ayoub Kara schlug vor, die Familienangehörigen „innerhalb von 48 Stunden“ nach Gaza zu deportieren. Gilad Erdan, Minister für Öffentliche Sicherheit, ordnete an, Kunbars Leichnam vorläufig zurückzuhalten. Er warnte davor, dass seine Familie eine Beerdigung abhalten könnte, die Kunbar „Respekt verleiht und damit Nachahmer ermutigt“.

Im Gegensatz zur Ansicht der israelischen Regierung, dass den palästinensischen Anschlägen Antisemitismus zugrunde liege oder sie Teil eines internationalen islamischen Extremismus seien, verweisen die Palästinenser auf die „Frustration und Verzweiflung infolge der jahrzehntelangen Militärbesatzung und den Mangel eines politischen Horizonts“. Die Nachrichtenagentur Maan erinnert daran, dass seit Oktober 2015 bereits mehrere Palästinenser Israelis mit ihren Autos angegriffen haben.

Die Abriegelung des Bezirks Dschabel Mukaber in Ostjerusalem, der verrufen ist für die hohe Zahl an Messerattentätern, dürfte nicht länger als wenige Tage bestehen. Bürgermeister Nir Barkat appellierte an die Bürger, sich vom Terror nicht in ihren alltäglichen Lebensabläufen stören zu lassen. „Die Gemeinheit der Terroristen, die sich nicht aufhalten lassen, um Juden zu morden“, kenne keine Grenzen, kommentierte Barkat. Es sei jetzt wichtig, „die Terroristen nicht gewinnen zu lassen“.

Susanne Knaul

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