Ivorische Soldaten im Aufstand

ElfenbeinküsteEine landesweite blitzartige Meuterei bringt den gewählten Präsidenten Alassane Ouattara in die Defensive gegenüber den Exrebellen in seiner eigenen Armee

Soldaten treffen zu Gesprächen mit Verteidigungsminister Alain Donwahi in Bouaké ein Foto: Thierry Gouegnon/reuters

von Dominic Johnson

BERLIN taz | Ein Militäraufstand in der Elfenbeinküste hat deutlich gemacht, wie fragil das Land auch knapp sechs Jahre nach Ende des Bürgerkrieges ist. Meuternde Soldaten brachten am Freitag und Samstag acht Städte unter ihre Kontrolle. Verhandlungen brachten am Sonntag eine scheinbare Rückkehr zur Normalität, aber eigentlich nur vorläufig.

Die Meuterei begann am Freitag im Morgengrauen, als in der Millionenstadt Bouaké, zweitgrößte Stadt der Elfenbeinküste, Soldaten wichtige Gebäude besetzten und die Hauptstraßen abriegelten. Bis Samstag gerieten auch die Städte Daloa, Man und Duékoué im Westen, Korhogo, Odienné und Bouna im Norden sowie Daoukro unter Kontrolle von Meuterern. In Abidjan, der größten Stadt des Landes, errichteten Soldaten Straßensperren und besetzten den Generalstab. Sie beschlagnahmten Autos und schossen, während verängstigte Menschen Noteinkäufe tätigten.

Die Bewohner der Elfenbeinküste wissen gut, wohin solche Situationen führen können. Die Blitzaktion erinnerte an den Beginn des ivorischen Bürgerkrieges 2002, als Soldaten in einer Stadt nach der anderen rebellierten, um den damaligen sozialistischen Präsidenten Laurent Gbagbo zu stürzen – dieser hatte die muslimische Bevölkerungshälfte des Landes diskriminiert. Nur eine französische Militärintervention verhinderte damals Gbagbos Sturz. Die Aufständischen beherrschten daraufhin jahrelang den Norden der Elfenbeinküste als Rebellenbewegung. 2010 verlor Gbagbo freie Wahlen gegen den muslimischen Oppositionsführer Ouattara, aber erkannte seine Niederlage nicht an. Erst der Einmarsch der Rebellen in Abidjan, diesmal mit Unterstützung Frankreichs, sorgte im April 2011 für den Machtwechsel.

Die einstigen Rebellen sind seitdem das Rückgrat der ivorischen Armee, während Gbagbo vor dem Internationalen Strafgerichtshof steht. „Wir haben die Elfenbeinküste gerettet“, sagte ein Sprecher der Meuterer am Samstag in Bouaké. Sie verlangten astronomische Neujahrsprämien – in Berichten ist von 42 Milliarden CFA-Francs für 8.000 Soldaten die Rede, rund 8.000 Euro pro Soldat.

Am Samstag versprach Präsident Ouattara im Staatsfernsehen, die Forderungen zu erfüllen, beorderte die Soldaten in die Kasernen und entsandte Verteidigungsminister Alain Donwahi nach Bouaké zu Gesprächen. Die Meuterer wollten aber erst Geld sehen und nahmen Donwahi als Geisel. Erst die Zusage, es werde am Montag gezahlt, brachte sie in der Nacht zum Sonntag zum Nachgeben. Am Sonntag hoben sie ihre Straßensperren wieder auf.

Nun ist der Präsident unter Zugzwang. Am 30. Oktober hatte die Elfenbeinküste per Volksabstimmung eine neue Verfassung angenommen, am 18. Dezember gab es Parlamentswahlen. Am Montag sollen das Parlament zusammentreten und eine Regierung gebildet werden. Eigentlich wollte Ouattara sich so von seinen ehemaligen bewaffneten Verbündeten lösen.

Exrebellenchef Guillaume Soro, bisher Parlamentspräsident, kündigte an, im Amt bleiben zu wollen. Er empfiehlt, angesichts des islamistischen Terrors in Westafrika ein großes Sicherheitsministerium zu gründen und Antiterrorspe­zialeinheiten aufzustellen – zugeschnitten auf die einstigen Exrebellen.

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