Geht’s noch?: Racial Profiling
Die Hautfarbe eines Menschen darf nicht DER Grund zu seiner Kontrolle sein. Auch nicht in Köln an Silvester
Die meisten Menschen in Deutschland werden offenbar nur von der Polizei kontrolliert, wenn sie sich in ein Fußballstadion oder auf eine Demo begeben. Das ist die einzig logische Erklärung dafür, dass seit dem Racial Profiling, das einigen Zeugenberichten zufolge auch am Silvesterabend in Köln stattfand, immer wieder Vergleiche zu Hooligans und Vermummten gezogen werden. Dann wird applaudiert von weißen Männern und Frauen, man fühle sich ja so gut beschützt.
Doch Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe zu kontrollieren verstößt deshalb gegen die Grundrechte, weil man seine Haut nicht wie einen Fanschal in den Schrank hängen kann. Bei Racial Profiling wird man in der Öffentlichkeit ohne Anlass wie ein Verbrecher behandelt, während Passanten beobachten, wie man den Ausweis hervorkramt, und in ihren Vorurteilen vermeintlich bestätigt sind.
Die Polizei spricht nun von 1.000 „fahndungsrelevanten Personen“, die am Silvesterabend in Köln hätten festgehalten werden müssen. Aber das ist eine haltlose Behauptung. Tatsächlich hatte die Polizei keinen Dunst, ob diese 1.000 Menschen sich verabredet hatten, eine Straftat begangen haben oder begehen wollten.
Doch genau dieses Wissen ist nötig, um eine Fahndung einzuleiten. Dann gibt es auch ein „Täterprofil“ – etwa Bankräuber auf der Flucht, Aussehen: männlich, etwa 40 Jahre alt, 120 Kilo, 1,90 Meter groß, blonde Locken, dunkler Teint, grüne Augen, trägt eine rote Jacke und schwarze Sportschuhe. Dann werden auch nur Menschen aufgehalten, die diesem Profil entsprechen.
Eine Hautfarbe ist aber weder Täterprofil noch Straftatbestand. Es lässt sich nicht von einem Menschen auf den anderen schließen. Menschen, deren Aussehen oder Herkunft „nordafrikanisch“ zu sein scheint – was für viele alles südlich und östlich von Portugal ist –, haben das Recht, sich in der Öffentlichkeit aufzuhalten, wie andere auch.
Racial Profiling findet für viele übrigens das ganze Jahr statt. Schwarze Männer, die „wie Drogendealer aussehen“. Women of Color, die für Prostituierte gehalten werden. Familien, die im Zug kontrolliert werden, weil: Dunkelhäutige Deutsche? Kann nicht sein. Das sind Menschen, die sich nicht so gut beschützt fühlen. Saskia Hödl
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