piwik no script img

Polizei will Netanjahu in Korruptionsfall verhören

Israel Der Ministerpräsident soll „Geschenke“ im Wert von Abertausenden Shekel kassiert haben

„Es wird nichtsgefunden werden, weil es nichts gibt“

Benjamin Netanjahu

JERUSALEM dpa | Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu gerät durch Korruptionsvorwürfe zunehmend unter Druck. Der Ministerpräsident hat Vorwürfe zurückgewiesen, er habe von zwei Geschäftsmännern Vergünstigungen in großem Umfang angenommen. Am Sonntag gab er sich überzeugt, dass die Opposition ihn nicht so schnell ablösen werde.

Israelische Medien hatten in den letzten Tagen berichtet, Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit habe gegen Netanjahu ein Ermittlungsverfahren angeordnet. Dafür gab es von der Staatsanwaltschaft noch keine offizielle Bestätigung.

Einer der Geschäftsleute sei Israeli und der zweite der US-Unternehmer Ron Lauder, berichtete die Zeitung Ha’aretz am Sonntag. Lauder habe zugegeben, Netanjahu unter anderem einen Anzug geschenkt zu haben und seinem Sohn Jair einen Auslandsaufenthalt. Bisher sollen zu den Vorwürfen rund 50 Zeugen in Israel und im Ausland befragt worden sein. Netanjahu sagte, die neuen Vorwürfe würden sich wie in früheren Fällen als haltlos erweisen. „Es wird nichts gefunden werden, weil es nichts gibt“, sagte er.

Staatsanwalt Mandelblit hatte bereits im Sommer eine Prüfung von Vorwürfen gegen Netanjahu eingeleitet, dabei handelte es sich aber nicht um volle strafrechtliche Ermittlungen. Netanjahus Ehefrau Sara war mehrmals von der Polizei befragt worden wegen des Verdachts, sie habe Steuergelder für private Zwecke genutzt.

Außerdem wurden Vorwürfe geprüft, Netanjahu habe von einem französischen Millionär illegale Wahlkampfspenden angenommen. Israels Generalstaatsanwalt hatte Ende November nach scharfer Kritik am geplanten Kauf von drei weiteren deutschen U-Booten Ermittlungen angeordnet.

Netanjahus Amtsvorgänger Ehud Olmert musste 2008 wegen Korruptionsvorwürfen seinen Rücktritt erklären. Er verbüßt gegenwärtig eine Haftstrafe von 19 Monaten.

Merkwürdiges aus London

Politische Unterstützung erhielt der israelische Premier am Wochenende überraschend von seiner britischen Kollegin Theresa May in London. Im Streit um die Siedlungspolitik Israels, die Washington scharf kritisiert hatte, stellte May sich überraschend gegen die Kritik von US-Außenminister John Kerry

Das Büro von May erklärte, auch London stehe hinter der Zweistaatenlösung und betrachte den Siedlungsbau als illegal. Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern sei jedoch so komplex, dass sich die Verhandlungen nicht auf „nur ein Problem“ konzentrieren sollten. „Insbesondere“ müsse das israelische Volk ohne „Terrorgefahr“ leben können, erklärte Downing Street. Mit ihrer Kritik nähert sich May der Linie des künftigen US-Präsidenten Donald Trump an. Mit seinem Amtsantritt werde es eine neue US-Politik gegenüber Israel geben, hatte Trump getwittert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen