piwik no script img

Jahreswechsel in BerlinEin ganz gewöhnliches Silvester

Feuerwehr und Polizei hatten viel zu tun. Aber es gab keine böse Überraschungen. Sechs Anzeigen wegen sexueller Nötigung auf Party am Brandenburger Tor.

Arbeitsreiches Silvester Foto: dpa

Das neue Jahr ist schon etliche Stunden alt, aber die Technobässe dröhnen weiter. Wenn sich die Türen der Clubs öffnen, torkeln Betrunkene oder anderweitig Drogisierte heraus. Geblendet vom Tageslicht reiben sie sich die geweiteten Augen. Sonst ist an diesem Neujahrsmorgen nur unterwegs, wer seinen Hund Gassi führt oder aus anderen Gründen dringend rausmuss.

Patronenhülsen, Scherben und Kartonreste auf den Bürgersteigen markieren die Stellen, wo es in der Nacht besonders hoch herging. Auch rund um den Kottbusser Damm war das so. Lange nach Mitternacht krachten dort noch Raketen und Böller durch die Straßenschluchten. Mit Schreckschusspistolen ausgerüstete junge Männer lieferten sich in Kleingruppen Gefechte oder feuerten Salven in Hinterhöfe, wo das Echo die Wirkung noch mal verstärkte.

Taxis und Rettungswagen waren in den ersten Stunden des neuen Jahres fast die einzigen Fahrzeuge, die auf der Achse zwischen Kottbusser Tor und Herrmannplatz zu sehen waren. Kurz nach 0.30 Uhr eilten mehrere Löschfahrzeuge mit Blaulicht und Sirenen Richtung Neukölln: In einer Garage in der Peter-Anders-Straße brannten zwei Garagen eines fünfgeschossigen Wohngebäudes.

Für die Feuerwehr ist Silvester der arbeitsreichste Tag des Jahres. Die Standardbesetzung der 580 Berufsfeuerwehrleute wurde durch Freiwillige Feuerwehr, Technisches Hilfswerk (THW) und andere Organisationen auf 1.579 Einsatzkräfte fast verdreifacht. Wie immer wurde der planmäßige Ausnahmezustand „Silvester“ um 19 Uhr ausgerufen. Bis Neujahrsmorgen, 6 Uhr, gab es 1.585 Einsätze, davon 433 Brände. Mit einer Steigerung von 2,5 Prozent lagen die Einsätze der Feuerwehr leicht über den Vorjahr.

Neujahrsbad

Von der dünnen Eisschicht auf dem See ließ sich niemand abhalten: Etwa 20 Winterschwimmer wagten sich am Sonntag bei Temperaturen um 1 Grad in den Orankesee. Das Neujahrsbaden des Vereins Seehunde in Hohenschönhausen hat Tradition. Die Seehunde sind 75 Sportfreunde im Alter von 12 bis 79 Jahren. Von Mitte September bis Ende April treffen sie sich jeden Sonntag im Freibad. (taz)

Demgegenüber verzeichnete die Polizei mit 1.669 Einsätzen 80 weniger als im Vorjahr. Zwischen 18 und 6 Uhr gingen 3.123 Notrufe ein, im Vorjahr waren es 3.588. Die Pressestelle sprach von einer insgesamt positiven Bilanz. Neben den regulär im Dienst befindlichen Polizistinnen und Polizisten waren in der Silvesternacht insgesamt fast 1.800 Einsatzkräfte zusätzlich eingesetzt.

Mehrere zehntausend Besucher feierten auf der zentralen Silvesterparty auf der Straße des 17. Juni. Flaschen, Pyrotechnik und Rucksäcke waren dort auch schon in der Vergangenheit verboten. Nach dem Anschlag mit einem Sattelschlepper auf dem Breitscheidplatz kurz vor Weihnachten gab es für die Partymeile nun weitere Sicherheitsvorkehrungen: Gepanzerte Polizeifahrzeuge und Uniformierte mit Maschinenpistolen hatten Aufstellung bezogen. Auch Poller an den Zufahrtsstraßen waren neu. Wegen des starken Zustroms wurde der Große Stern kurz nach 21 Uhr für den Fahrzeugverkehr komplett gesperrt.

Es seien Strafanzeigen wegen unerlaubter Pyrotechnik, Körperverletzungen und Taschendiebstahl erstattet worden, teilte die Polizei mit. Zudem gebe es sechs Anzeigen von Frauen wegen Beleidigung auf sexueller Grundlage beziehungsweise sexueller Nötigung. Die Frauen hätten berichtet, auf der Festmeile oder auf dem Weg dorthin im Intimbereich angefasst worden zu sein. Zwei der Betroffenen hätten den jeweiligen Tatverdächtigen einem Polizisten zeigen können. Ein 20-Jähriger und ein 26-Jähriger seien daraufhin festgenommen worden. Beide hätten die Nacht in Polizeigewahrsam verbracht.

Patronenhülsen und Kartonreste markieren die Stellen, wo es hoch herging

Das galt auch für einen 30-Jährigen, der am Samstagabend in Höhe der Yitzhak-Rabin-Straße mit Rufen aufgefallen sei wie „Bombe“ und „Ey, du Salafist“. Gegen den Mann wurde laut Polizei ein Ermittlungsverfahren wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten eingeleitet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!