Da glotzen die Prenzlwichser

Kult Der rbb hat die Theater-Sitcom „Gutes Wedding, schlechtes Wedding“ für den Bildschirm adaptiert. Die vier Folgen laufen zwischen Weihnachten und Silvester

Typische Berlinerinnen: Penelope aus Prenzlauer Berg (links) und Ulla aus Wedding – beide von Constanze Behrends gespielt Foto: Claudius Pflug/rbb

von Jens Mayer

Zum Abschied holt Constanze Behrends einen Stapel Postkarten heraus und überreicht dem Schreiber eine davon. „Jedes Nein ist eine Blockade deiner göttlichen Energie“ steht darauf. Ein Zitat von Tömle, dem 40-jährigen Hausmann aus Prenzlauer Berg, einer ihrer schillerndsten Figuren. Die Rückseite weist auf die Sendetermine von „Gutes Wedding, schlechtes Wedding“ im rbb-Fernsehen hin.

Dass es bei jedem Herzensprojekt immer auf die Eigeninitiative ankommt, ist ein Grundsatz, den die Schauspielerin und Autorin verinnerlicht hat. Anders wäre ihr Traum von der Comedy-Soap-Serie, die sie zusammen mit Oliver Tautorat auf die Bühne gebracht hat, vor 13 Jahren bereits im Ideenstadium verebbt.

Damals entschlossen sie sich dazu, einfach selbst ein Theater zu gründen und Behrends’ Drehbücher vor einem Publikum in Schulklassengröße aufzuführen. Mittlerweile ist das Prime Time Theater umgezogen, und die Aufführungen von „Gutes Wedding, schlechtes Wedding“ im Weddinger Sprengelkiez sind mit über 200 Zuschauern regelmäßig ausverkauft.

Im Laufe von über 100 Episoden ist die Theater-Sitcom zu mehr als einem regionalen Phänomen geworden, zum zehnjährigen Jubiläum gratulierten 2014 sogar die ARD-„Tagesthemen“. Bereits ein Jahr zuvor durfte Behrends im Ruhrgebiet einen Ableger namens „Gutes Essen, schlechtes Essen“ inszenieren. Jetzt also Fernsehen.

Lange genug hat es gedauert, schließlich war ihre Sehnsucht, die Serie auch auf dem Bildschirm zu sehen, von Anfang an Teil ihres Traums. Zusammen mit der Produzentin Janine Baumeister hat sie vier Jahre an der Adaption für den rbb gefeilt. „Ich habe ein Jahr lang an diesen vier Drehbüchern gearbeitet“, erzählt Behrends etwas betreten, „das ist für mich unendlich lange. Eine 90-minütige Theaterfolge schreibe ich normalerweise in maximal einer Woche.“

Die Messlatte liegt hoch

Die Form und den Stil für die schrille Bühnenshow in das Format einer Fernsehserie von 45-minütigen Folgen zu übertragen sei dabei die größte Herausforderung gewesen. Die Theatercomedy einfach nur abzufilmen kam nicht in Frage. „Stilistische Vorbilder waren eher US-amerikanische Sitcoms wie ‚The Big Bang Theory‘, ‚Friends‘ und ‚How I Met Your Mother‘“, legt Behrends die Latte für die Vergleiche mit drei der erfolgreichsten Comedyserien der Welt ziemlich hoch. Und das für einen Sender, der bislang weder mit fiktionalem Serienproduktionen noch besonders spritzigen Programmfarben für Aufsehen gesorgt hätte. So sei es bei den Meetings auch immer wieder zu Missverständnissen gekommen, wie die Produzentin die – ausdrücklich positive – Zusammenarbeit beschreibt.

Doch 13 Jahre Publikumserfahrung und das spontan-komödiantische Talent von Behrends, die in der Serie die doppelte Hauptrolle als entzweite Zwillingsschwestern – Ulla, aus dem ehemaligen Arbeiterkiez Wedding und Penelope aus dem gentrifizierten Prenzlberg – spielt, konnten die Senderverantwortlichen letztendlich überzeugen: „Überhaupt haben unsere Buchbesprechungen größtenteils daraus bestanden, dass sie die Szenen vorgespielt hat. Dadurch haben die Redakteure dann verstanden, was der komische Kern daran ist, und waren einverstanden“, so Baumeister.

Seit 2004 läuft die Langzeit-Soap-Parodie "Gutes Wedding, schlechtes Wedding" (GWSW) an fünf Abenden pro Woche auf der Bühne des Weddinger Prime Time Theaters. Die erfolgreiche Theatersitcom, inspiriert von einer Daily Soap, entwickelte sich zum Kult. Nun liefert "Gutes Wedding, schlechtes Wedding" die Vorlage für das gleichnamige Fernsehprojekt des rbb.

Der Sender zeigt die vier GWSW-Folgen vom 27. bis 29. Dezember jeweils um 22.15 Uhr sowie am 30. Dezember um 22 Uhr. (jem)

„Friedrichsheinis“ & Co.

Behrends spielte bereits in Produktionen für ARD und ZDF und stieß 2009 zum Ensemble der Medien-Parodie „Switch reloaded“ auf ProSieben. Dieser etwas krawallige, charmant-uneitle, aber genau beobachtete Humor ist ihr Ding: „Ich bin mit Anke Engelke und der ‚Wochenshow‘ groß geworden und natürlich mit ‚Switch‘ – die Art und Weise, wie Typen dargestellt werden, hat mich zu Beginn meiner Arbeit sehr beeinflusst“, erklärt sie.

Typen gibt es auch in „Gutes Wedding, schlechtes Wedding“ ohne Ende, sie heißen „die Prenzlwichser“, „Friedrichsheinis“, „Latte-Schwaben“ und „Gut-Türken“. Doch trotz der zunächst zu grell wirkenden Klischees und überzeichneten Telenovela- und Soap-Plots schaffen es Autorin und Ensemble, den Figuren im Laufe der Folgen Tiefe und Wärme abzugewinnen – das zeigt, dass mehr dahintersteckt als die Jagd nach billigen Lachern.

Ob das Fernsehpublikum die Serie genauso ins Herz schließen wird wie die Theatergänger, muss sich zeigen. Wenn die Quoten und Abrufe in der Mediathek stimmen, sei der Sender jedenfalls offen für eine Fortsetzung, verrät Baumeister.