Italien

Der bisherige Außenminister Paolo Gentiloni soll eine neue
Regierung bilden. Doch um die politische Macht streiten andere

Ein Renzi-Getreuer als Zwischenlösung

Regierungsbildung Paolo Gentiloni soll neuer Ministerpräsident werden. Bis zur Neuwahl verlangt Staatspräsident Mattarella eine Reform des Wahlrechts

ROM taz | Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella hat den bisherigen Außenminister Paolo Gentiloni mit der Regierungsbildung beauftragt. Der 62-Jährige übernimmt damit als neuer Ministerpräsident das Amt von Matteo Renzi. Vor einer Neuwahl verlangt Mattarella die Reform des Wahlrechts, vor allem die Harmonisierung der Wahlsysteme für Kammer und Senat, da sonst unterschiedliche Mehrheiten drohen.

Erst am Mittwoch hatte Renzi seinen Rücktritt eingereicht und damit die Konsequenzen aus seiner Niederlage im Verfassungsreferendum am vergangenen Sonntag gezogen. Renzi hatte zugleich deutlich gemacht, dass er Chef der gemäßigt linken Partito Democratico bleibt.

Mit der Ernennung von Gentiloni, der als absolut loyal gegenüber Renzi gilt, fanden Mattarella und Renzi einen Kompromiss. Dennoch betonte Mattarella, er wolle eine „voll funktionsfähige Regierung“, also nicht bloß ein schwaches Übergangskabinett. Zudem wies Mattarella auf die „heimischen, europäischen und internationalen Verpflichtungen“ hin, die der neuen Regierung ins Haus stehen. Das wären vorneweg die Lösung der Bankenkrise, dann im März die Feiern zum60. Jahrestag der Römischen Verträge und schließlich Ende Mai der von Italien ausgerichtete G-7-Gipfel. Als nicht ausgeschlossen gilt, dass die Regierungsbildung schon am Mittwoch abgeschlossen ist und Gentiloni als Ministerpräsident zum Europäischen Rat am 15. Dezember reist.

Der Zeithorizont ist damit klar; vor Juni 2017 dürfte es kaum zu Neuwahlen kommen. Der Sozialdemokrat Gentiloni ist aber für Renzi der Garant, dass der neue Premier das Amt nicht nutzt, um sich selbst als möglichen Spitzenkandidaten in Stellung zu bringen. Zwar schilderte Renzi sich selbst in einem Facebook-Eintrag als Arbeitsloser, der jetzt „ohne Einkommen“ dastehe, doch niemand in Rom zweifelt daran, dass er selbst die PD in die nächsten Wahlen führen will.

Gentiloni, seit 2001 im Parlament und seit Oktober 2014 Außenminister, wird ihm dabei nicht im Weg stehen. Er war von Beginn an einer von Renzis überzeugtesten Unterstützern und verfügt zugleich selbst nicht über eine Hausmacht in der Partei.

Ebendieser Partei will Renzi sich in den nächsten Wochen intensiv widmen – um seine Gegner vom linken Flügel, die sich beim Verfassungsreferendum gegen ihn gestellt hatten, vollends an den Rand zu drängen. Renzi plant schnelle, vorgezogene Urwahlen des Parteichefs. Nach dem PD-Statut dürfen an diesen Urwahlen sämtliche Wähler teilnehmen, die sich als Anhänger der PD bekennen.

Italienische Medien kolportierten, Renzi wolle mindestens zwei Millionen Menschen für sich mobilisieren und so die Machtfrage in der Partei endgültig entscheiden. Dass Renzi wie schon beim Referendum auch in den eigenen Reihen eine Niederlage erleidet, ist mehr als unwahrscheinlich. Michael Braun