Brüssel macht sich Sorgen

MAZEDONIEN II Unsicherheitsfaktor in einer unsicheren Region. Klar scheint nur: Auch künftig bleibt die Flüchtlingsroute versperrt

SARAJEVO taz | Das politische Patt nach den Wahlen vom Wochenende ist nicht gerade dazu angetan, die Sorgenfalten der Politiker in Brüssel zu glätten. Die beiden – etwa gleich starken – politischen Lager Mazedoniens sind so verfeindet, dass an eine große Koalition im nationalen Interesse nicht zu denken ist. Und nun weiß man in diplomatischen Kreisen in Brüssel nicht so recht, wie es jetzt in Skopje weitergehen soll.

Dabei galt Mazedonien vor nicht allzu langer Zeit noch als Erfolgsgeschichte: Seit dem von der internationalen Gemeinschaft zwischen den slawischen Mazedoniern und der albanischen Minderheit vermittelten Frieden von Ohrid 2002 machte das Land nicht nur wirtschaftlich Fortschritte. Es bewegte sich auch in Richtung Demokratie.

2005 stand Mazedonien knapp davor, in die EU aufgenommen zu werden. Doch es kam anders. Griechenland legte wegen des Staatsnamens ein Veto ein, die „ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien“ könne den griechischen historischen Namen Mazedonien nicht für sich okkupieren.

Die griechische Blockade stärkte wiederum die nationalistischen Kräfte in Mazedonien. Expremier Nikola Gruevski fuhr mit seiner VMRO-Partei riesige Wahlerfolge ein. Korruption und Vetternwirtschaft blühten, die Regierung beschnitt die Pressefreiheit und ging mit illegalen Mitteln gegen die Opposition vor.

Das alles gefiel in Brüssel nicht. Der Integrationsprozess stockte. Gruevski hatte zudem mit seinen Avancen in Richtung Wladimir Putin die Sympathien der Kommissare in Brüssel verspielt. Im vergangenen Januar setzte die EU setzte das konservativ-nationalistische Lager diplomatisch und finanziell kräftig unter Druck. Gruevski musste zurücktreten.

Die für den April anvisierten Neuwahlen kamen jedoch nicht zustande, weil die Forderungen der Opposition, gleichberechtigten Zugang zu den Staatsmedien zu erhalten und die Wahllisten zu überprüfen, nicht erfüllt worden waren. Zwar war man auch in Berlin unter der Hand damit zufrieden, dass es Österreichs Außenminister Sebastian Kurz im vergangenen Frühjahr gelungen war, die Mazedonier dazu zu bewegen, die Grenze nach Griechenland für Flüchtlinge zu schließen. Daran dürfte sich nichts ändern – wer auch immer das Land schließlich regiert. Aber: Mazedonien bleibt ein Unsicherheitsfaktor in einer unruhigen Region.

. Erich Rathfelder