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Profitable Partnerschaft

Tennis Nach drei sehr erfolgreichen Jahren trennen sich Novak Djokovic und Trainer Boris Becker einvernehmlich. Ihr Verhältnis war zuletzt sichtbar gestört

Von Jörg Allmeroth

Als Novak Djokovic Mitte November um seine Titelverteidigung bei der ATP-Weltmeisterschaft in London kämpfte, war der Bruch bereits offensichtlich. Nicht etwa nur der Bruch in seinem Spiel, in seiner Dominanz über den Centre Court. Sondern auch der Bruch in seiner Beziehung zu Boris Becker, zu dem Trainer, der ihn drei Jahre lang betreut hatte. Becker, der Chefcoach, saß in einer Ecke der Spielerloge von Djokovic, starr und unbewegt hockte er die meiste Zeit da, verfolgte eher emo­tions­frei die Handlungen seines Schülers. Einige Meter entfernt saß ein anderer Mann, auf den Djokovic neuerdings hört. Ein Spanier namens Felipe Imaz, der wechselweise als Motivations- oder Meditationsguru bezeichnet wird. Manche nennen ihn auch Kuschelguru, weil er bei seinen Lehrsitzungen Plüschbären verwendet. Jedenfalls hatte Djokovic auf der Anwesenheit von Imaz bestanden, sehr zum Unwillen Beckers.

Nun, runde drei Wochen später, ist das Duo „Beckovic“ Geschichte. Am Dienstagabend verkündete Djokovic, dass er und Becker einvernehmlich beschlossen hätten, „unsere Zusammenarbeit zu beenden“: „Nach drei erfolgreichen Jahre haben wir unsere Ziele vollends erreicht. Ich möchte ihm für seine Kooperation und Leidenschaft, für sein Teamwork und sein Engagement danken.“ Es dauerte nur ein paar Minuten, bis sich auch Becker über die sozialen Medien meldete. Der dreimalige Wimbledonsieger, der soeben einen Vertrag als Werbefigur für „Partypoker“ unterzeichnet hatte, erklärte kurz und bündig: „Wir hatten die Zeit unseres Lebens.“ Dazu zeigte ein Gruppenbild noch einmal harmonisch vereint das „Team Nole“, mit Djokovic, mit Becker, mit Djokovics Familie, mit anderen Coaches. Aber natürlich ohne Pepe Imaz, den Becker wohl als Scharlatan betrachtete.

Imaz, der sich selbst als „göttliches Wesen aus Licht und Liebe“ bezeichnet, bewegte sich schon ein wenig länger in Djokovics Umfeld. Ins Rampenlicht rückte der Spanier erst, als Djokovic nach dem Pariser Grand-Slam-Coup, dem erstmaligen Roland-Garros-Sieg, in eine schwere Leistungs- und Sinnkrise stürzte. Fortan suchte der „Djoker“ primär Rat bei seinem esoterisch angehauchten Berater. Bei manchen Turnieren war Becker dann im Herbst schon gar nicht mehr dabei. In London saßen dann noch einmal alle Trainer und Berater zusammen, es war aber vor allem so, dass Djokovic dort noch einmal einen optisch versöhnlichen Abschluss für Becker schaffen wollte.

Denn niemals war Djokovic besser als in den drei Jahren der Liasion mit Becker. Was vor 36 Monaten, kurz vor Weihnachten 2013, zunächst Spott und Unglauben ausgelöst hatte, die neue Partnerschaft von Djokovic und Becker, das verwandelte sich schnell in Respekt und Bewunderung. Becker gelang es, den Serben zu einem Spieler zu machen, der die wichtigen Punkte und Spiele gewann. Der zulegte, wenn es um die Toptitel ging. Sechs seiner zwölf Grand-Slam-Titel gewann Djokovic mit Becker, eine imposante Bilanz für einen, der vorher an seiner mangelnden Schlagkraft bei den Big Points zuweilen verzweifelt war.

„Wir hatten die Zeit unseres Lebens“

Boris Becker

Als erster Spieler der Neuzeit hielt Djokovic sogar alle vier Grand-Slam-Titel gleichzeitig in seinem Besitz. In der Weltrangliste legte er so viel Distanz wie noch kein anderer Spieler zur Nummer 2. Wie das alles gelang? „Für Novak ist es wichtig, mit jemandem zu sprechen, der eine Lebenserfahrung dazu einbringen kann, eine Autorität aus eigenem Erleben. Das stützt ihn“, sagte Becker vor knapp einem Jahr.

Auch Becker profitierte von dieser Partnerschaft, schließlich war sein Ruf in Deutschland angeschlagen – nicht zuletzt wegen einiger merkwürdiger Twitter-Einlagen und eines Fernsehauftritts beim sogenannten Comedian Oliver Pocher, bei dem Becker mit einer Fliegenklatsche vor dem Gesicht ein Spiel betrieb. Der Trainer Becker war dagegen ein Mann, der wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Einer, der in seiner ureigenen Profession wieder bei sich selbst angekommen war. Ob er glücklicher sei als erfolgreicher Trainer, wurde Becker gefragt. Er beantwortete das gewohnt störrisch, weil er auch deutschen Journalisten gern vorhielt, ihn nicht wirklich verstehen zu können: „Glück mache ich nicht abhängig von beruflichen Erfolgen. Bei mir geht die Gleichung eher andersrum: Bin ich privat und mit meiner Familie im Reinen, kann ich gut arbeiten.“

Und nun? Was kommt nach drei Jahren mit dem besten Spieler des Planeten? Becker, so heißt es, wolle sich nun vorerst dem weniger aufreibenden Geschäft als Kommentator widmen, demnächst auch bei den Australian Open.

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