ZOFF Bremerhavens Opposition scheitert mit Antrag auf Verfahren gegen Oberbürgermeister Melf Grantz
: Die ungeliebte Prüferin

Das Rechnungsprüfungsamt soll eine unabhängige Behörde sein, die im Auftrag der Stadtverordnetenversammlung den Oberbürgermeister und seine Verwaltung kontrolliert. So steht es in Bremerhavens Stadtverfassung. Da ist es unpassend, findet die lokale Opposition aus „Bürger in Wut“, Piraten und FDP, wenn der Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD) der Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes, Gisela Gissel-Baden, einen Brief schreibt, in dem er sie rügt und ihr Vorschriften zur Amtsführung macht.

Gissel-Baden werde dadurch „gemobbt und diskriminiert“, so die drei Oppositionsgruppen, und forderten ein Disziplinarverfahren. Bremerhavens Stadtverordnete stritten darüber am Donnerstag. Was die Oppositionsfraktionen und Doris Hoch von den Grünen dem OB besonders ankreideten, war, dass er diesen Brief auf Zuruf formuliert hatte – ohne vorher überhaupt mit Gissel-Baden geredet zu haben.

Zu allem Überfluss hatte er ihr das Schreiben an ihrem ersten Arbeitstag nach längerer Krankheit überreichen lassen – als ob er signalisieren wolle, sie solle sich besser weiter krankschreiben lassen. Sehr zögerlich waren die Bemühungen der Koalitionäre von SPD und CDU, „ihren“ OB in Schutz zu nehmen, sie bügelten nur am Ende den Antrag der Opposition mit ihrer Mehrheit pflichtgemäß ab.

Einerseits geht es in dem Streit mit dem Rechnungsprüfungsamt um den Eindruck, dass der Oberbürgermeister offenbar keine Chance auslässt, das Prüfungsamt zu schwächen. Der konkrete Anlass allerdings waren Klagen von rund der Hälfte der MitarbeiterInnen des Rechnungsprüfungsamtes über den Führungsstil Gissel-Badens. Sie hatten sich direkt an den OB gewandt.

Die Stimmung hat sich deutlich verschlechtert, seitdem Eva Cappelmann zu den MitarbeiterInnen gehört, der Ambitionen auf die stellvertretende Amtsleitung nachgesagt werden. Zwar ist Cappelmann aufgrund langer Krankheitsphasen auch nach zwei Jahren noch nicht wirklich arbeitsmäßig im Amt „angekommen“, den Klage-Brief hat sie dennoch sozusagen vom Krankenbett aus unterschrieben.

Eva Cappelmanns Strafversetzung ins Rechnungsprüfungsamt war ein Vorgang, mit dem der OB vor einem Jahr viele gegen sich aufgebracht hatte. Sie war Leiterin des Beschaffungswesens gewesen und hatte 2014 einen Korruptionsverdacht korrekterweise angezeigt. Dabei ging es um eine Einladung der Firma des Bremer SPD-Abgeordneten Andreas Kottisch an MitarbeiterInnen der Beschaffungsabteilung, von der er Aufträge erhält. Im Streit über die Strafversetzung hatte Cappelmann vorm Bremer Verwaltungsgericht Recht bekommen. Die Richter hatten unverblümt festgestellt, dass Grantz die Anti-Korruptionsrichtlinie ignoriert. Der legte dagegen Rechtsmittel ein, die Akte liegt seit einem Jahr beim Oberverwaltungsgericht. Klaus Wolschner