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OFF-KINO

Off-Kino

Lars Penning

Filme aus dem Archiv– frisch gesichtet

Der Versuch des US-Filmproduzenten Samuel Goldwyn, die ukrainische Schauspielerin Anna Sten mit viel publizistischem Aufwand in einen mysteriösen Glamourstar à la Greta Garbo zu verwandeln, scheiterte in den 1930er Jahren kläglich. Niemand wollte die aus heutiger Sicht zwar guten, aber seinerzeit offenbar wenig publikumswirksamen Melodramen mit ihr sehen. Nach drei Filmen war Schluss, und obwohl Sten anschließend noch bis in die 1960er Jahre aktiv blieb, verlief ihre Karriere fortan unspektakulär. Wer sich Anna Sten in der tollen sowjetischen Stummfilmkomödie „Das Mädchen mit der Hutschachtel“ (1927) ansieht, erkennt vielleicht auch, warum es in Amerika nicht klappte: Natürlich war sie außerordentlich hübsch, aber vor allem war Sten zum Verlieben lebhaft, charmant und witzig – und nicht mysteriös. In der Komödie spielt sie eine junge Hutmacherin, die sich in einen quasi obdachlosen Studenten verliebt und bis zum Happy End vielerlei Verwicklungen um ein Zimmer im Haus ihres Arbeitgebers und ein Lotterielos zu überstehen hat. Besonders hübsch sind die Gags um den langen winterlichen Weg von ihrem Arbeitsplatz zum Haus ihres Großvaters auf dem Land. Zu sehen im Stummfilm um Mitternacht, an der Orgel begleitet von Anna Vavilkina (3. 12., 24 Uhr, Babylon-Mitte).

Präsentiert von Regisseur Andres Veiel zeigt das Arsenal-Kino zwei frühe Dokumentationen von Volker Koepp: Während „Tag für Tag“ (1979) eine mecklenburgische Schweißerin in den Mittelpunkt stellt, porträtiert „Feuerland“ (1987) die Dorotheenstädtische Vorstadt, wo sich zwischen Tor- und Invalidenstraße einst die Lokomotivenfabriken von Borsig befanden. Wie fast immer bei Koepp geht es in den Erzählungen der Menschen um das Verhältnis zwischen der Topografie und den Lebensumständen. Auch die bevorstehenden Umwälzungen der DDR-Gesellschaft sind bereits zu erahnen, wenn Punks ihren Platz in der Kneipe genauso behaupten können wie ein ehemaliger KZ-Insasse (5. 12., 21.30 Uhr, Arsenal 2).

Wer die Adventszeit mit dem Begriff Beschaulichkeit verbindet, der wird sich zweifellos mit einer Interpretation der „Weihnachtsgeschichte“ von der Augsburger Puppenkiste anfreunden können: Maria und Josef, das Jesuskind, die Hirten und die Heiligen Drei Könige als einstündiges charmantes Marionettenspiel komplett mit Krippe, Stern und singendem Kamel. Auf dem Spielplan der Puppenkiste steht die „Weihnachtsgeschichte“ seit geraumer Zeit, die Verfilmung hingegen ist neu und wurde mit erheblichem Aufwand in Szene gesetzt (4. & 6. 12., diverse Kinos).

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