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heute in Bremen„Einfallstor Gentech-Protest“

VORTRAG Umwelthistoriker Nils Franke erklärt, wie man rechtsradikalen Naturschutz erkennt

Nils M. Franke

45, Historiker, Promotion zur Geschichte des Naturschutzes, 1998 bis 2005 Leiter des Archivs zur Geschichte des Naturschutzes in Deutschland, ist Gründer des Wissenschaftlichen Büros Leipzig.

taz: Herr Franke, woran machen Sie das Erstarken rechter Tendenzen im Umweltschutz fest?

Nils Franke: Hinweise darauf gibt es im Wesentlichen aus zwei Studien: Einerseits klärt die periodische Naturbewusstseinsstudie des Umweltbundesamts darüber auf, in welchen Bevölkerungsgruppen Umweltschutz gesellschaftlich verankert ist. Die zeigt, dass es einen konservativen und einen sozial-ökologischen Umweltschutz gibt – und den der bürgerlichen Mitte. Dass die sich stärker für Rechte und rechtsextremistisches Gedankengut öffnet, belegen die Bielefelder Mitte Studien von Wilhelm Heitmeyer und Andreas Zick.

Also ist das nur eine Hypothese?

Das ist die Erwartung, die sich bestätigt finden durch Beobachtungen.

Welche?

Einerseits lässt sich feststellen, dass im Bereich der ökologischen Landwirtschaft viele anfällig sind für eine Blut- und Bodenmythologie, andererseits haben wir Rückmeldungen aus dem Bereich des Freiwilligen Ökologischen Jahres, wo sich immer wieder Einrichtungen interessiert zeigen, die sich beim genauen Hinsehen als stark ideologisch geprägt und völlig ungeeignet erweisen. Ein Einfallstor ist der Gentechnik-Protest, sehr wichtig ist auch die Frage der Landschaftsplanung. Und ein anderes, gängiges Feld ist die Thematik der Neobioten,…

…also eingewanderte Tiere und Pflanzen …

Deren Ablehnung wird oft mit fremdenfeindlichen und rassistischen Motiven begründet, die unmittelbar aus dem NS-Naturschutz-Diskurs stammen. Dabei weiß die deutsche Eiche gar nicht, dass sie deutsch ist.

Wie vermeiden Sie das denn bei tatsächlich problematischen Neozoen oder Neophythen?

Das ist doch leicht: Durch Exaktheit. Nicht dass Pflanzen und Tiere Grenzen überschreiten ist ein Problem, und schon gar nicht, dass es Veränderungen gibt, schließlich ist die gesamte Natur ständig in Veränderung begriffen.

Aber?

Bestimmte Tiere und Pflanzen können jeweils in bestimmten Nischen Probleme verursachen. Die Nilgans etwa oder der Ochsenfrosch können zur Belastung werden, die man beobachten und auf die man gegebenenfalls reagieren muss. Aber nicht, weil die hier nicht heimisch wären, sondern weil sie zur Gefahr für einzelne Arten werden können. Das ist ein naturwissenschaftlicher Naturschutz – im Gegensatz zum ideologischen des Nationalsozialismus.

interview: bes

Naturschutz gegen Rechtsextremismus, 19 Uhr, Freiwilligenagentur, Dammweg 18-20

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