Fidel Castro ist tot

Wie geht es weiter mit der eben erst begonnenen Entspannung zwischen den USA und Kuba?

Makabres Freudenfest in Miami

Gedenken Tausende Exilkubaner feiern Fidel Castros Tod in „Little Havana“, aus Kuba stammende Republikaner und Demokraten verdammen unisono den „Máximo líder“. Andere Amerikaner reagieren nachdenklicher

Während Kubaner in den USA Castros Tod feiern, nimmt der Revolutionsführer auf der Insel weiter eine führende Rolle ein Foto: Desmond Baylan/ap

Aus New York Dorothea Hahn

Während in Kuba die Staatstrauer begann, fiel das 150 Kilometer entfernte Miami in einen Freudentaumel. Schon kurz nach der mitternächtlichen Bekanntgabe von Fidel Castros Tod gingen in „Little Havanna“ Tausende Exilkubaner auf die Straße. Die einen fuhren hupend und im Schritttempo durch die Straßen, andere tanzten auf der Calle Ocho, benutzten Topfdeckel als Schlagzeuge, tranken Champagner und skandierten Slogans wie „Cuba si – Castro no“ und „Cuba Libre – Beendet die Tyrannei“.

Am Samstag, dem zweiten Tag nach Castros Tod, sperrte Miamis Bürgermeister, Tomás Regalado, ebenfalls ein in Kuba geborener Republikaner, mehrere zentrale Achsen für die Fortsetzung der Feierlichkeiten. Auch in Washington löste Castros Tod heftige Reaktionen aus. Barack Obama, der in seiner Amtszeit als erster US-Präsident in 88 Jahren nach Havanna gereist ist, sprach von der Freundschaft mit dem kubanischen Volk und prognostizierte, dass „die Geschichte“ Castro beurteilen wird. Donald Trump hingegen nannte Castro einen „brutalen Diktator, der sein Volk „fast sechs Jahrzehnte lang unterdrückt hat“.

Bei Republikanern und Demokraten stießen mehrere Nachfahren von Exilkubanern in dasselbe Horn. Der republikanische Senator Ted Cruz gedachte am Freitag Castros Opfer. Sein demokratischer Kollege Bob Menendez erklärte, die Folgen von Castros Regime „werden unsere Hemisphäre für immer verfolgen“.

In Miami dauerte das ma­kabre Freudenfest bis in die Morgenstunden. Es erinnerte an den Mai 2011, als Tausende US-AmerikanerInnen nachts die Tötung von Osama bin Laden durch US-Soldaten feierten. Mit dem Unterschied, dass der 90-jährige Castro in einem Bett und nicht durch die Intervention der USA starb – obwohl sich die CIA in den zurückliegenden fast fünf Jahrzehnten große Mühe gegeben hatte, ihn zu ermorden.

Abgesehen von der gescheiterten Invasion in der Schweinebucht von 1961, für die die USA Exilkubaner trainiert hatten, sind mehr als 360 US-Mordkomplotte bekannt, geworden, um den „comandante en jefe“ aus dem Weg zu räumen. Sie reichten von vergifteten Zigarren über explodierende Seemuscheln und ein Mittel, das für den Ausfall von Castros Bart sorgen sollte, um ihn eines Markenzeichens zu berauben, bis hin zu Schüssen auf ihn.

Castro, der anfänglich um die Sympathie der USA warb, fiel in Washington vom ersten Moment der Revolution an in Ungnade. Zehn US-Präsidenten, angefangen mit Eisenhower, haben sein Land boykottiert und geschnitten. Während demokratische und republikanische US-PolitikerInnen Kuba für die Kapitalismuskritik bestraften, arbeiteten sie mit zahlreichen Diktatoren zusammen – von Trujillo in der benachbarten Dominikanischen Republik über die Militärregime in Chile und Argentinien bis hin zu Suharto in Indonesien.

Erst Präsident Obama schaffte es, die Kuba-Politik zu wenden, die zuletzt vor allem die USA im internationalen Vergleich isolierte. Allerdings will sein gewählter Nachfolger Trump dieses Rad wieder zurückdrehen. Er hat angekündigt, dass er die gerade erst wiedereröffnete US-Botschaft in Havanna schließen und die zaghaft beginnenden Kultur- und Handelsbeziehungen wieder kappen will.

Mehr als 360-mal versuchten die USA, Castro aus dem Weg zu räumen

Von rund einer Million KubanerInnen, die seit der Revolution in verschiedenen Wellen in die USA gekommen sind, wo sie im Gegensatz zu allen anderen Flüchtlingen aus Lateinamerika umstandslos Aufenthaltsgenehmigungen erhielten, hat sich die größte Gruppe in Miami niedergelassen. Unter ihnen waren die Stützen des alten Regimes von Batista – darunter Bankiers und Rum-Hersteller –, die direkt nach der Revolution flohen, und jene, die erst viele Jahre später kamen, aber auch die 125.000, die sich in den 80er Jahren unter den Augen kubanischer Ordnungshüter im Hafen von Mariel auf improvisierten Booten auf den Weg machten – darunter zahlreiche Gefängnisinsassen, die das Regime loswerden wollte.

„Wir sind erleichtert über den Tod eines skrupellosen, mörderischen Diktators“, erklärte Armando Ibarra von den jungen Republikanern in Miami in den Stunden nach Castros Tod, „aber der Kampf geht weiter“. Außerhalb der republikanischen Hochburg reagierten US-KubanerInnen nachdenklicher auf Castros Tod. Im demokratischen Tampa, der anderen „kubanischen“ Großstadt in Florida, leben zwar auch Familien, die bei ihrer Ankunft vor Jahrzehnten dachten, sie könnten schon in ein paar Wochen zurückkehren; doch Tampa versucht, die neuen Möglichkeiten der Öffnung zu nutzen.

Es ist nicht schön, den Tod eines Menschen zu feiern, erklärte eine US-Kubanerin, die vor dem Restaurant La Carreta feierte, einem Reporter des Miami Herald. Doch dieser Tote habe „so viele Familien getrennt“, dass sie nicht anders könne. Andere in der singenden, tanzenden Menge begründeten ihre Ausgelassenheit mit einer Verpflichtung gegenüber ihren Eltern, die vor Castro geflohen sind.