: Rent a Sozi
Lobbyismus Eine SPD-Agentur vermittelt Treffen mit SPD-Ministern – für mehrere tausend Euro. Verstoßen die Geschäfte der Sozialdemokraten gegen das Parteiengesetz?
Aus Berlin Ulrich Schulte
Der Mitarbeiter der Werbeagentur NWMD nimmt gegenüber der mutmaßlichen solventen Kundin kein Blatt vor den Mund. Mit zwei, drei Monaten Vorlauf organisiere die Agentur ein Vorwärts-Gespräch, die Kundin zahle als „sogenannter Unterstützer“ 7.000 Euro für ein gesetztes Essen. Dann kommt der Mann bei dem Treffen in einem Café zu dem brisanten Punkt: „Sie entscheiden dann, wer daran teilnehmen soll“, verspricht er, „und wir organisieren Ihnen den Minister, den Fraktionsvorsitzenden oder den Staatssekretär, also einfach den, den Sie haben möchten.“
7.000 Euro für einen Auftritt des SPD-Ministers der Wahl: Unternehmen und Lobbyverbände können offenbar gegen Bares persönliche Treffen mit sozialdemokratischen SpitzenpolitikerInnen ausmachen. Das berichtet das ZDF-Magazin „Frontal 21“, dem Angebote und ein Kostenvoranschlag zu sogenannten „Vorwärts-Gesprächen“ vorliegen.
Die Szene in dem Café gehört zur Recherche der ZDF-Journalisten. Sie schickten eine PR-Spezialistin im eigenen Auftrag zu der Agentur, angeblich, um einen bezahlten Auftritt eines SPD-Politikers anzubahnen.
Sind SPD-Spitzenleute käuflich? Diese brisante Frage sorgte in der Berliner SPD am Montag für Entsetzen. Offiziell ging die Partei auf Tauchstation. Das Willy-Brandt-Haus wollte den Vorwurf nicht kommentieren – und verwies auf die Werbeagentur NWMD. SPD-Chef Sigmar Gabriel habe nicht an Vorwärts-Gesprächen teilgenommen, hieß es lediglich in der SPD-Zentrale.
Die Werbeagentur Network Media (NWMD) ist eine Tochter des Vorwärts-Verlages, der wiederum zur Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft gehört. Die DDVG ist ein Unternehmensbereich der SPD. Der ZDF-Bericht gehe an der Wirklichkeit vorbei und blende wesentliche Fakten aus, teilte die NWMD per Pressemitteilung mit.
Die Vorwärts-Gesprächsreihe bestehe sowohl aus gesponsorten wie aus sponsoringfreien Veranstaltungen, aus dieser Reihe entstünden der Vorwärts-Gruppe keine Gewinne, schreibt die Agentur. Die Zahl der Teilnehmer liege bei diesen Gesprächen bei bis zu 20 Personen. Außerdem betont die angegriffene Agentur: „Die Teilnehmer werden im Übrigen nicht vom Sponsor bestimmt.“
Dieses Dementi ist interessant. NWMD behauptet also, der Sponsor könne keine Teilnehmer der Treffen bestimmen. Gleichzeitig bietet ein NWMD-Mitarbeiter der vermeintlichen Kundin des ZDF-Teams genau dies an – gegen Zahlung von 7.000 Euro. Woher der Widerspruch kommt, ließ sich am Dienstag bis Redaktionsschluss nicht klären. Die Agentur NWMD ließ eine entsprechende taz-Anfrage unbeantwortet.
Der SPD droht damit kurz vor dem Wahljahr eine peinliche Affäre. Durfte eine Agentur, die zur SPD-Unternehmensgruppe gehört, Auftritte von Spitzenpolitikern verkaufen? So soll zum Beispiel nach dem „Frontal 21“-Bericht Justizminister Maas im Jahr 2016 ein Vorwärts-Gespräch mit seiner Anwesenheit beehrt haben, welches die Bank ING-DiBa sponserte. Auch Matthias Machnig, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und ein enger Vertrauter Gabriels, soll bei einem Gespräch dabei gewesen sein.
Die Causa erinnert an die Sponsoring-Affäre der NRW-CDU. Sie hatte sich 2010 für Gespräche mit Regierungsmitgliedern bezahlen lassen. Der Verdacht stand im Raum, sie umgehe so das Parteiengesetz.
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