„What the fuck!“

US-Wahl II Unterwegs auf einer Wahlparty, erlebt unsere Autorin, wie die Stimmungskurve fällt

Der Saal mit der kleinen Bühne im Neuköllner Comedy Café im Weserkiez ist voll bis auf den letzten Platz. Als die Gastgeber, die US-Comedians Noah und Josh Telson, die Bühne betreten, eröffnen sie ihre Show mit den Worten „Happy election day everybody“. Gelächter im Publikum – neben Amerikanern sind einige Deutsche und Neuseeländer gekommen. Die Telson-Brüder stellen klar: Clinton muss gewinnen. Entsprechend viele Witze gehen in den nächsten Minuten auf Trumps Kosten.

Kurz vor den ersten Hochrechnungen gegen ein Uhr wirken viele der Anwesenden dann aber doch leicht angespannt. Konzentriert starren sie auf die Videowand, auf der die ersten Zahlen von NBC übertragen werden. Im Nebenraum diskutiert eine Gruppe junger Amerikaner noch einmal über den republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Wäre der Wahlsieg Trumps wirklich so schlimm? Fast klingt es wie eine Vorahnung des Ausgangs dieses Wahlabends. Kurz darauf betreten immer mehr Menschen das Café, alles drängt sich vor die Videowand. Erscheint Clinton im Bild, bricht allgemeiner Jubel aus. Ist Trump zu sehen, wird er kollektiv ausgebuht. Dennoch ist die Stimmung gut.

Das ändert sich gegen drei Uhr, als die ersten Hochrechnungen für die wichtigen Swing States Florida und Ohio eingeblendet werden. Ratlos blicken sich die Gäste an, einigen bleibt schier der Mund offen stehen, „Not possible“ rufen andere. Auch wenn in diesem Moment noch nichts entschieden ist, wird langsam klar, dass es eng für Clinton werden könnte.

Gegen 4.30 Uhr ist die Stimmung endgültig gekippt, Trump liegt in den Hochrechnungen für Michigan und Wisconsin knapp vorn. Einige Besucher schütteln den Kopf, andere murmeln vor sich hin. Eine Frau weint. ­„Fascist!“, brüllt einer, als der Exbürgermeister von New York und Trump-Unterstützer Rudolph Giuliani spricht.

Als der Inhaber eine Stunde später ankündigt, dass er sein Lokal jetzt schließen wird, geht nur noch ein schwaches Raunen durch die Menge. Ein junger Amerikaner verlässt stürmisch das Café. Auf der Straße macht er seinem Ärger Luft. „What the fuck!“, brüllt er in den Berliner Himmel. Leonie Schlick