Zuckerbergs Anbiederung

China Facebook hat eine Zensursoftware entwickelt. Belohnt Peking das?

PEKING taz | Über eine Milliarde Nutzer hat Facebook in der Welt – nur im bevölkerungsreichsten Land ist es nicht vertreten. Dabei hat Facebook-Chef Mark Zuckerberg immer wieder versucht, sein soziales Netzwerk zurück nach China zu bringen.

Doch vergeblich: Die Führung in Peking will die volle Kontrolle über das Internet in China. Und Facebook gewährleistet das aus ihrer Sicht nicht. Nun startet Zuckerberg anscheinend einen neuen Anlauf: Laut einem Bericht der New York Times hat Facebook Hyperlink:=eine spezielle Software entwickelt, die es der chinesischen Führung ermöglichen würde, Inhalte zu unterdrücken, die ihr politisch nicht genehm sind. Offiziell hat das US-Unternehmen das nicht bestätigt, die NYT beruft sich auf ehemalige Mitarbeiter.

Bis Mitte 2009 konnten auch Chinesen Facebook frei nutzen. Im Juli 2009 kam es in der Unruheprovinz Xinjiang im Nordwesten Chinas jedoch zu heftigen gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Chinesen und der dort lebenden muslimischen Minderheit, den Uiguren. Angeblich hatten sich die Uiguren über Facebook vernetzt. Die chinesische Führung blockierte daraufhin die Seite, ebenso Twitter, YouTube und andere ausländische Internetdienste. Auch die meisten Google-Dienste sind in China gesperrt, die Seiten seitdem nur über sogenannte Virtual-Private-Network-Verbindungen abrufbar: Software, über die sich eine verschlüsselte Verbindung zum Ausland herstellen lässt.

Mit über 800 Millionen regelmäßigen Nutzern ist China aber der größte Internetmarkt der Welt – also äußerst lukrativ. Während Google aufgegeben hat, bemüht sich Zuckerberg weiterhin – auch persönlich. Er belegt Sprachkurse in Mandarin, präsentiert sich den Fotografen chinesischer Medien gern an der Seite seiner Gattin Priscilla Chan, deren Eltern aus China stammen. Bei seinem jüngsten Peking-Besuch joggte er sogar demonstrativ im Smog. Damit wollte er zeigen: So schlimm sind die Verhältnisse gar nicht.

Doch bislang nützte es nichts. Und auch die Zensursoftware dürfte kaum weiterhelfen. Hat die chinesische Führung doch längst erkannt, dass sie mit ihrem rigiden Kurs zugleich auch die heimischen Anbieter stärkt.

Denn kaum war die übermächtige US-Konkurrenz vom chinesischen Markt verdrängt, entwickelten sich in China eigene Dienste. Sie heißen Weibo, Youku, Renren oder Baidu. Waren sie den Vorbildern aus den USA anfangs noch recht ähnlich, zählen einige inzwischen sogar mehr Nutzer als ihre US-Pendants. „Dieses Instrument wird sich die chinesische Führung nicht nehmen lassen“, sagt der Pekinger IT-Experte Li Xiangshu. „Da kann sich Zuckerberg noch so sehr anbiedern.“

Felix Lee