Das taz-Technik-Museum

Fluch und Segen Wir waren das Lieblings-Versuchskaninchen der EDV-Experten

Olivetti M10 mit Akustikkoppler Foto: Boris Jakubaschk

Die Bremer Redaktion war über Jahre das Experimentierlabor der damaligen EDV-Spezialisten der taz in Berlin. Als wir begannen, freitags vier Lokalseiten zu produzieren, hatten wir nur drei „Texis“: elektronische Olivetti-Schreibmaschinen mit einem Vier-Zeilen-Display. Da der Speicher eines Texis nur für eine Seite ausreichte, mussten fertige Texte gelöscht werden – vorher wurden sie auf einem handelsüblichen Kassetten-Rekorder zur Sicherheit als „Voice“-Dokument abgespeichert. Da hörte man die Schriftzeichen als Quietschtöne.

Der Akustikkoppler

Raus aus dem Texi und nach Berlin, wo der treue Layouter Meinhard Büning Woche für Woche die Bremer Texte auf dem Lichttisch zu ganzen Seiten kombinierte, schickten wir die Quietschtöne über einen Akustikkoppler. Der war das Gegenstück zu einem klassischen Telefonhörer, wie es ihn früher gab. Bei moderneren Telefonen funktionierte das nicht.

Schwenkbarer Bildschirm

Als dann 1986 die tägliche Produktion begann, testeten die Berliner EDV-Experten an den Bremer Versuchskaninchen eine ganz neue Technik: Redakteure sollten auch das Layout machen – natürlich an einem Röhrenbildschirm. Wenn man den um 90 Grad drehte, verwandelte er sich in einen Layout-Bildschirm.

Toll – wären da nicht merkwürdige Phänomene gewesen, die wir „Voodoo“ tauften: Manchmal erschienen Teile des Textes nicht an der vorgesehenen Stelle, sondern irgendwo abgesetzt auf der Seite. Dazwischen blieben weiße Flächen, wo keine hingehörten. Durch schlichtes Versuch-und-Irrtum-Prinzip konnte man den „Voodoo“ besiegen, wenn an einer Textstelle vorher etwas geändert wurde. Mal wirkte der Gegenzauber, mal nicht.

Irgendwann konnte ein stolzer Bremer Redakteur den staunenden damaligen Berliner EDV-Experten erklären, dass ihr Programm überfordert war, wenn es gleichzeitig einen Spaltensprung und eine Worttrennung machen sollte. Da wir den Zauber ja nun beherrschten, hatten die Berliner Kollegen es aber nicht mehr eilig, ihre Programmierung zu verbessern.kawe