: Jeder Mensch ist anders
betr.: „Was wirklich helfen kann“ (Die Stiftung Warentest gibt eine neue Meta-Studie von alternativen Heilmethoden heraus), taz vom 1. 10. 05
Hier hat die Presse ausnahmsweise (und diese Ausnahmen scheinen bei der taz eine schöne Regel zu sein) getan, was sie tun soll: Sie ist hingegangen und hat nachgesehen, wovon da eigentlich die Rede ist. Und anschließend hat sie drüber geschrieben.
Schön, dass sich die in letzter Zeit verbreitete Auffassung, die Stiftung Warentest hätte mit dem Thema Alternativmedizin ihre Kompetenzen überschritten, so nicht halten lässt. Ein guter Ruf ist rasch ruiniert und den Nutzen von einer Demontage der Stiftung hätten eindeutig diejenigen, die ihre Kundschaft besch… – …schummeln. Solchen aber gönne ich nun wirklich nicht den Triumph über ihre Kritiker.
Schön auch, dass die Alternativmedizin doch nicht der Hokuspokus zu sein scheint, den der unkritische Leser in Anbetracht der letzten Meldungen darüber in ihr sehen wollte. Denn wie sagte schon Harald Schmidt ganz richtig? „Wer unbedingt die Einheitspille will – bitte.“ Für alle anderen ist es gut, die Wahl zu haben zwischen verschiedenen Alternativen. Schließlich: Jeder Mensch ist anders. Warum also sollen alle die gleiche Medizin wollen?
ANKE ZÖCKEL, Weimar
Schlicht falsch ist die Information, Homöopathie basiere nur auf pflanzlichen Heilmitteln: Globuli, Tropfen etc. werden auch z. B. aus Krankheitserregern (z. B. Lues) hergestellt.
Außerdem: Der schulmedizinische Untersuchungsansatz greift schlicht zu kurz. Homöopathie und ihre Überprüfung verlangen ein anderes als das schulmedizinische Denksystem. Ob Homöopathie funktioniert, ist auch abhängig von der Qualität der jeweiligen individuellen Verschreibung und Anwendung, die immer von den individuellen Voraussetzungen bestimmt sein wird. Insofern sind einer allgemeinen, quantitativ oder gesamtgesellschaftlich orientierten Gütebeurteilung oder gar -messung Grenzen gesetzt. Diese wären erst – ebenso wie die über die Individuen hinausgehende allgemeine Wirksamkeit – in einer langzeitlichen, mehrdimensionalen und ein großes Sample umfassenden Untersuchung überprüfbar.
Insofern ist der Ansatz des Handbuches dem homöopathischen Ansatz mit seiner Kombination des „Arzneimittelbildes“ des zur Heilung ausgewählten Mittels und des individuellen (konstitutionellen) Krankheitsbilds vergleichbar. Jede auf eine einzelne Medikation und deren Wirkung als Gegenmittel orientierte allopathische Überprüfung muss hier gerade wegen ihrer bloß quantitativen Orientierung (wirkt das Mittel heilend bei einer Vielzahl von spezifischen Krankheitsfällen?, d. h. quantitativ relevant) scheitern. Relevant wäre die Untersuchung eines größeren Samples von Behandlungen oder eine Langzeituntersuchung: Die Entfaltungschancen der individuellen Entwicklung sind selbstverständlich von den im Rahmen einer nationalen bzw. auch der globalen Gesellschaft jeweils zur Verfügung stehenden Entwicklungsbedingungen abhängig. Eine Untersuchung, die verallgemeinerbare individuelle Wirkungen mit diesen Bedingungen des jeweiligen sozialen Umfeldes (räumlich und zeitlich eingeordnet) konfrontieren würde, wäre zu einer begründeten, allgemeinen Kritik der Effizienz der Homöopathie erforderlich. NORI MÖDING, Berlin
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