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„Ihre spitze Zunge wird fehlen“

Abschied Kultursenatorin Barbara Kisseler ist am Freitag gestorben. Sie wird von vielen vermisst

Barbara Kisseler Foto: dpa

Ihr Amtsantritt als Kultursenatorin 2011 war mit hohen Erwartungen verbunden und Barbara Kisseler hat sie im Großen und Ganzen erfüllt. Sie verband intellektuellen Glanz mit Humor und Durchsetzungsvermögen mit Kommunikationsfähigkeit. Verstand die Bedeutung der städtischen Prestigeprojekte ebenso wie die der Freiräume für nicht etablierte Kunst.

Ihr Tod am Freitag mit 67 Jahren sei „ein großer Verlust für uns Kunstleute und auch die Regierung“, sagte Kampnagel-Intendantin Amélie Deuflhard. Er mache nicht nur ihn persönlich, „sondern uns alle im Senat sehr traurig“, sagte der Erste Bürgermeister Olaf Scholz (SPD).

Scholz hatte 2011 die damalige Chefin von Klaus Wowereits (SPD) Berliner Senatskanzlei in den Hamburger Senat geholt. Kisseler hatte sich schon damals einen erstklassigen Ruf als Kulturpolitikerin erarbeitet und sich über viele Stationen von der Leitung des Kultur­amtes der Stadt Hilden zur Kulturstaatssekretärin des Berliner Senats hochgearbeitet. Im Wahlkampf 2009 war sie Mitglied im Kompetenzteam des SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier.

„Sie war eine Politikerin wie es nur ganz wenige gibt“, schwärmt Kampnagel-Chefin Deuflhard. Sie habe dieses Politikfeld von A bis Z gekannt und viele „großartige, unvergleichliche Auftritte“ hingelegt. Kisseler holte den Stardirigenten Kent Nagano als Nachfolger für Simone Young als Generalmusikdirektor. Sie verlängerte den Vertrag des renommierten Ballettintendanten John Neumeier und sicherte dessen Erbe für die Stadt.

Last not least handelte sie zusammen mit Bürgermeister Scholz die Einigung mit dem Baukonzern Hochtief aus, der – deutlich teurer als gedacht – den Querelen über den Bau der Elbphilharmonie ein Ende setzte.

Doch wie erhofft fühlte sich Kisseler nicht nur für das Repräsentative zuständig. „Wir vermissen sie jetzt schon“, sagt Christine Ebeling, die hörbar angefasste Sprecherin des Gängeviertels. „Sie war so ziemlich die Einzige, die von Grund auf verstanden hat, wofür das Gängeviertel da ist.“ Sie habe auch die anderen Beteiligten davon überzeugt, dass dessen Räume so niedrigschwellig wie möglich allen offenstehen sollten. „Für sie war Kultur kein Luxusgut, sondern sollte jeden erreichen“, kommentierte sogar die CDU.

Allerdings sei die freie Szene noch nicht da, wo sie sein müsste, gibt Deuflhard zu bedenken. Das zu erreichen, sei Kisselers Wunsch für die laufende Legislaturperiode gewesen. Dort wird sie Norbert Hackbusch, der kulturpolitische Sprecher der Linken, vermissen. „Mit ihr zu streiten, war eine Freude“, sagt er. „Ihre spitze Zunge wird fehlen.“ Gernot Knödler

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