piwik no script img

Sekundäre ReflexionWorte für die Kunst

Hamburger Kunsträume

von Hajo Schiff

Kaum erzählt einer was, reißt ein anderer sein Mobilteil raus und checkt mal kurz die Fakten. Als ob es immer darauf ankäme, was schon mal jemand früher in irgendwelche Dateien gesteckt hat. Und als ob sich gute oder gar große Erzählungen nicht über die Fakten erheben könnten.

Und was ist damit gewonnen? Vielleicht ist es nun nicht mehr nötig, dem eigenen Eindruck hinterherzuspüren. Aber reine Unmittelbarkeit gibt es ohnehin nicht und sicher will auch der interpretierende Kunstkritiker gelesen werden. Er glaubt unbeirrt, dass seine Einordnung besser und leistungsfähiger ist. Aber das ändert nichts daran, dass auch solche Texte eine Sekundär-Information sind, etwas, was von der Kunst lebt, vielleicht bei der Einordnung hilft, aber nur selten selbst Kunst wird.

„Second Screen“ nennt sich ein Symposion, das nächsten Freitag im Kunstverein Harburger Bahnhof stattfindet, von 14.30 bis 19 Uhr. Kuratoren, Vermittler und Verleger aus Berlin, Hamburg, Leipzig und Stuttgart diskutieren über aktuelle Ansätze des Schreibens als erweiterte Ausstellungspraxis. Wie eröffnet Sprache als Kommentar, Austausch, Kritik oder fiktionale Narration alternative Räume für künstlerische Prozesse? Wie laufen innerhalb und außerhalb der Institutionen die Prozesse von Aneignung und Verwertung?

Wer frei vagabundierendes Wissen doch lieber ohne sekundäre Interpretation in den Reflexionen der Künstler selbst erfahren möchte, sei auf die Frappant-Galerie verwiesen: Der Germanist, Maler, Performer und Medienkünstler Thomas Sterna befragt unter dem Titel „Autonomie“ in Raum-Skulptur, Aktion und Video die Bedingungen künstlerischen Erfolgs. Dieses und nächstes Wochenende von 15 bis 20 Uhr legt er sich sowohl mit der Schwerkraft an als auch mit der Illusion des freien Künstlers und der Wahrnehmung als solcher. Aber jenseits solch schräger Utopien bleiben die Worte für die Kunst doch unverzichtbar. Allemal hier in der Zeitung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen