Portrait
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Tschechischer Oligarch und Politiker: Andrej Babiš Foto: dpa

Ein Mann, eine Holding

Im Frühjahr dieses Jahres reichte der tschechische Abgeordnete Jiří Zlatuška einen Gesetzesvorschlag ein: zur Legalisierung der Euthanasie in seinem Land. Der frühere Rektor der ehrwürdigen Brünner- Masaryk-Universität ist seit 2013 Abgeordneter der ANO – einer Bewegung, mit der der Oligarch Andrej Babiš die politische Landschaft dominiert, wie die Regionalwahlen vom Wochenende gezeigt haben. Kaum einer mag inzwischen noch bezweifeln, dass Babiš und seine ANO bei den Wahlen 2017 eine regierungsfähige Mehrheit erringen werden.

Sollte der Abgeordnete Zlatuška dank dieser Mehrheitsverhältnisse dann sein Euthanasie-Gesetz durchboxen, wird die letzte Grenze zum Lebensbereich gefallen sein, der noch nicht unter dem Einfluss von Babiš und seiner Agrofert steht, die er schlicht und stolz die „Holding“ nennt: dem Sterben.

Ansonsten hat der gebürtige Slowake, der dank seiner Erfahrungen aus der Welt des brüderlich-sozialistischen Außenhandels, guter Beziehungen und einer bis heute ominösen Schweizer Briefkastenfirma zum Milliardär (geschätztes Privatvermögen: 2,8 Milliarden Dollar) geworden ist, eigentlich alles im Griff.

In seinem knappen Dutzend Fruchtbarkeitskliniken hilft er die Geburtenrate anzukurbeln. Seine Agrofert – ein Konglomerat aus chemischen, landwirtschaftlichen und Lebensmittelfirmen – hilft, die Bevölkerung mit vom-Feld-bis-auf-die-Gabel Produkten und Knochenputz-Würstchen zu füttern. Währenddessen sorgt Babiš als Finanzminister für gute Laune, wenn er beim Bier die Mehrwertsteuer senkt. Neben dem Fressen bestimmt Babiš auch die Moral: Mit dem Kauf 2013 des einflussreichsten Medienverlages des Landes, Mafra, hat seine Holding enormen Einfluss auf das Informationsgeschäft gewonnen. Und im angeblichen Kampf gegen Steuersünder schafft sein Finanzministerium immer mehr Kontrollen, die bis ins Private hineinreichen.

Seitdem Babiš Finanzminister ist, hat sich der Gewinn der Agrofert, der er selbstverständlich seit dem Eintritt in die hohe Politik gar nicht mehr vorsteht, übrigens erhöht – zwischen 2014 und 2015 um 40 Prozent.Alexandra Mostyn