Was tun in Hamburg?:
Di, 4.10., 20 Uhr, Mojo Club
Afrokraut-Doktor
David Nesselhauf ist Doktor der Radiologie – kerngesund, aber stark infiziert. Zu schaffen machen ihm gerade zwei äußerst ansteckende Virenstämme: Afrobeat und Krautrock. Der Hamburger Bassist ist ebenso auf den Spuren von Fela Kuti und Tony Allen genauso unterwegs wie auf jenen von Holger Czukay und Can. Sein aktuelles Album hat Dr. Nesselhauf deshalb folgerichtig „Afrokraut“ genannt. „Mit dem Begriff Afrokraut will ich auch auf die positive afrikanisch-deutsche Kulturgeschichte hinweisen“, sagt Nesselhauf, der auf dem Album auch Bezug zum Flüchtlingsthema nimmt. Doch vor allem ist „Afrokraut“ eine tanzbare Hommage an kollektive Dance-Events zwischen Band und Publikum. Genau das soll auch im Mojo Café zum Release des Albums stattfinden. Das wäre, findet Nesselhauf, ziemlich sexy. KNUT HENKEL
Mo, 3.10., 20 Uhr, Polittbüro
Scheiß-Deutsche
An deutlichen Worten mangelt es Konkret-Herausgeber Hermann L. Gremliza nie, wenn‘s ums verhasste Vaterland und all seine niedertrÄchtigen Gewalttaten geht. „Integration? Ich bin so frei, von dieser Scheißkultur nichts wissen zu wollen. Deutschlands Werte gehen mir allesamt am Arsch vorbei, ich singe keine Hymne, folge keiner Flagge, werde einen Teufel tun, auf das Grundgesetz, diesen Waffenstillstandspakt im Klassenkampf (Rosa Luxemburg), einen Eid abzulegen“, schreibt er im Band „Haupt- und Nebensätze“ (Suhrkamp 2016, 159 S., 15 Euro). Der versammelt noch einmal Gedanken aus zwei Jahrzehnten und fasst sie neu. Am „Tag der Deutschen Einheit“ stellt Gremliza den Band im Polittbüro unterm unmissverständlichen Titel „Scheiß Deutschland“ vor. Mit ihm spricht Thomas Ebermann.
Sa, 1.10., 16 Uhr, Rote Flora
Verrückte Deutsche
„Madgermanes“ – eine Neuschöpfung aus „Verrückte Deutsche“ und „Made in Germany“ –, so werden in Mosambik heute die rund die 20.000 Vertragsarbeiter genannt, die ab 1979 im sozialistischen Bruderstaat DDR ausgebildet wurden, um anschließend ein unabängiges sozialistisches Mosambik aufzubauen. Das war der Plan, aber daraus wurde nichts. 1991 mussten sie in ein vom Bürgerkrieg völlig zerstörtes Land zurückkehren. In ihrer Graphic Novel „Madgermanes“ (Avant Verlag, 240 S., 24,95 Euro) lässt die Hamburgerin Birgit Weyhe die Betroffenen zu Wort kommen und überschreitet dabei in Bild- und Erzählsprache die Grenzen zwischen afrikanischer und europäischer Kultur.
Bereits im vergangenen Jahr wurde ihr Comic mit dem Comicbuchpreis der Berthold Leibinger Stiftung ausgezeichnet, dieses Jahr kam noch der Max&Moritz-Preis für das „beste deutschsprachige Comic“ dazu. Im Rahmen des Comicfestivals liest sie daraus in der Roten Flora und spricht mit dem ehemaligen Vertragsarbeiter Afonso Manguele über seine persönlichen Erfahrungen.
So, 2.10., 20 Uhr, Polittbüro
Profi-Dilettanten
Wenn es etwas gibt, was die „nächstfolgenden Königinnen“ nicht mögen, dann sind es unsägliche Vorsicht, tatenloses Vertrauen, zögerliche Reflexion und stummer Stillstand. „Es gibt Lieder, die geschmettert werden müssen“, sind Les Reines Prochaines überzeugt. Seit 31 Jahren verwandeln die schweizer Feministinnen ihr politisch, sozial und biografisch verursachtes Unbehagen über den alltäglichen Wahn-, Un- und Eigensinn mit „professionellem Dilettantismus“ in Performances, Konzertprogramme, Hörspiele, Videoclips, Tonträger und Interventionen. Im Polittbüro stellen sie ihr aktuelles Programm „Fremde Torten im falschen Paradies“ vor. MATT
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen